Unter „Lernziel: Mut, Zuversicht und Selbstvertrauen“ widmet der KURIER dem Internationalen Tag der Bildung am Vortrag, dem 23. Jänner, zwei Seiten dem Österreichischen Bundesverlag (entgeltliche Kooperation!) – und es geht ausschließlich um Schule und die Sichtweisen von zwei der „üblichen Verdächtigen“ (Zitat aus der Schlussszene des Filmes „Casablanca“) – denn da eine Serie angekündigt ist, werden die anderen wohl folgen. Und wie eh und je setzen diese – durchaus unterstützenswerten Forderungen, „welche Kompetenzen und Fähigkeiten“ junge Menschen brauchen, um „Herausforderungen der Zukunft zu meistern“ (so der Untertitel) eine homogene ideale Schülerschaft voraus – so wie vermutlich einst die beiden Uni. Prof.s Popper und Spiel. Aber die gibt es heute nur mehr vereinzelt und meist nur in sogenannten Eliteschulen …
Bildung ist aber viel mehr als das, was in schulischen (wie auch universitären) Lehrplänen festgelegt wird – und genau dort fehlen wesentliche Bereiche. Mein Lieblingsbeispiel betrifft den (alte Formulierung) Turnunterricht. Der heißt heute „Bewegung und Sport“ (denn Österreich versteht sich als Sport-Nation, und die soll gefördert werden, und Bewegung ist halt das Zugeständnis für die meist diskriminierten Unsportlichen). Früher hieß dieses Schulfach „Leibesübungen“ – und diese Bezeichnung finde ich not-wendiger.
In den NÖ Nachrichten Woche 03/22 (S. 48) plädiert beispielsweise Josef Eppensteiner, Vorsitzender der Diözesanen Sportgemeinschaft für die tägliche Turnstunde, weil Kinder und Jugendliche viel zu lange vor dem Computer und auf Sesseln sitzen, während der ehemalige Volksschuldirektor Manfred Mitterer auf den elterlichen Schulzubringer verweist, der Kinder am täglichen Ganz zu und von der Schule hindert. Hier fehlt noch ein:e Schulmediziner:in, die auf die folgliche Darmträgheit hinweist – damit „Leib“ nicht bloß als Motor gedacht wird.
Leib bedeutet aber mehr als nur Körper – er umfasst auch die inneren Funktionen, Umgang mit Hormonausschüttungen, Bio-Energie, Selbststeuerung und auch – Selbstverteidigung (eine Uraltforderung von mir). So erwirbt man nämlich Mut (übrigens der Titel eines Buches von mir, Amalthea 2016) und nicht durch Appelle. Aber dazu muss man die Lehrkräfte „bilden“ – und die Elternschaft dazu – eine medienpädagogische Aufgabe. Vielleicht engagiert sich der neue ORF-Generalintendant Roland Weißmann dafür?
Auch bei dem von der „Bildungspsychologin“ Spiel geforderten „Arbeiten in einem heterogenen Team“ fehlt im Artikel die Unterscheidung, wie das gedacht ist: Als Doppel- oder Dreifach-Teaching „im Feld“ (d. h. Unterrichtsraum) oder bei den Theoretikern im Ministerium (z. B. durch Einbeziehung von ihr?), wo doch die Zusammenarbeit nicht einmal innerhalb des Lehrkörpers existiert (weil – ebenso wie regelmäßige Supervision – arbeitszeitlich nicht vorgesehen ist).
Ich habe in dem von mir konzipierten zweijährigen (berufsbegleitenden) Masterstudium „PROvokativpädagogik“ (nicht zu verwechseln mit der Nachfolge-Imitation „Provokationspädagogik“) bereits 2009 die wesentlichsten heterogenen Fachblickwinkel integriert und unterrichte dies nach wie vor (wenn Corona es zulässt) entsprechend meiner 9fachen Berufsqualifikation. (Wen das genauer interessieret, möge mich anmailen.) Meine Intention dabei war: Wie eine:e Pianist:in mit der rechten Hand die Lead-Melodie (das Fachwissen) intoniert und mit der linken den Rhythmus oder eine Submelodie (die Beziehung lebt), kann metapsychologisch je nach Bedarf die Aufmerksamkeit mehr oder weniger auf Vordergründiges oder Hintergründiges gelenkt werden; so können durch eine einzige interdisziplinär-spezifisch ausgebildete Person heterogene Zugänge gleichzeitig in persönlichkeitsfördernder Kommunikation vermittelt werden.
Mehr dazu in meinem Buch „PROvokativpädagogik PROvokativmethodik“, aaptos Verlag 2017 s. [https://www.aaptos.at/verlag/provokativpaedagogik-provokativmethodik/].