„Die vorläufige Suspendierung jener Pädagogin aus Oberpullendorf“ – damit nur ja leicht erkennbar ist, um wen es sich handelt! – „deren Ex-Freund unter ihrem Namen im Internet ein ,Sex-Tagebuch‘ veröffentlichte, wurde von der Disziplinarkommission bestätigt.“, lese ich als kleine Meldung in den Salzburger Nachrichten (06.11.2018, Seite 9), und „Für den Rechtsanwalt der 57jährigen kam die Entscheidung sehr überraschend. Der Jurist will nun Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einreichen.“ Das war der ganze Text. (Dass der Täter sich durch Selbstmord der Justiz entzogen hatte, wurde nicht mehr erwähnt.)

„Wo leben wir denn, in Mitteleuropa oder im Orient? Im 21. Jahrhundert oder im 19. oder gar im 17.?“, frage ich mich, nicht nur überrascht, denn dieses Wort ist viel zu verharmlosend, sondern schockiert, befremdet und empört: Was hat denn diese Frau verbrochen, dass sie suspendiert wird? Sie ist doch das Opfer einer perfiden Abart von Cyberkriminalität. Dafür fehlt derzeit noch ein Fachwort, denn was ihr widerfahren ist, ist mehr als Cybermobbing, mehr als Cyberstalking – es ist sozialer Cybermord. Die Disziplinarkommission macht den Totengräber. Die Logik dahinter gleicht den Ehrenmorden an vergewaltigten Frauen, wie sie aus manchen vorderasiatischen Ländern berichtet werden.

Mir fällt nur eine Antwort für diese grobe Miss-Handlung der Disziplinarkommission ein: Die so schmählich verleumdete Person ist zwar total passiv, aber doch „auffällig“ geworden, und damit angeblich für ihre Schule – oder den gesamten Schulbereich? – „untragbar“ geworden, daher „muss sie weg“.

Das alles im Jahr 2018, wo viele Amtsträger Betroffenheit demonstrieren im Gedenken an das Unrecht, das jüdischen Lehrkräften wie SchülerInnen 1938 angetan wurde – und nicht protestieren, wenn jemand ohne eigenes Fehlhandeln verächtlich gemacht wird. Wie würden die Mitglieder der Disziplinarkommission entscheiden, wenn jemand den Namen ihrer Töchter für ein derartiges Schmuddelwerk im Internet missbrauchen würde? Oder haben sie noch nie etwas von dem (nicht nur) Cyberdelikt des Identität-Diebstahls gehört?

Oder muss die Pädagogin nun ihre Identität ändern (wie manche Verbrechensopfer es zum Schutz vor medialer Verfolgung tun – oder auch manche Kapitalverbrecher, wenn sie aus der Haft entlassen werden)?

Es liegt doch an uns, der angeblich so zivilisierten Gesellschaft, der Frau beizustehen – wohl wissend, dass uns allen etwas Ähnliches angetan werden kann! (Mir wurde es schon mehrfach angetan, ich weiß daher, wie das ist.)

Wir reden heute so viel davon, wie man Kinder vor Cyberattacken schützen kann – vor den passiven wie auch aktiven. Diese Pädagogin besitzt höchste Betroffenenkompetenz – daher sollte sie diejenige sein, die in Schulen geht und ihr Leid authentisch aufzeigt – genauso wie es die Holocaust-Überlebenden getan haben.

Es braucht Mut, die eigenen Wunden zu zeigen. Es braucht auch Mut, sich solidarisch an die Seite der unschuldig Hingerichteten zu stellen.

Daran will ich all die erinnern, die so stolz auf ihre christlichen Werte sind und ein Kruzifix an der Wand haben (wollen) – und sich über „mittelalterliche“ Grausamkeiten der Scharia mokieren.