Zu den bekanntesten Zitaten der Friedensbewegung gehört der Slogan: „Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin!“ (ZITATFORSCHUNG: „Stell dir vor, es ist Krieg, und keiner geht hin.“ Bertolt Brecht (angeblich) (falschzitate.blogspot.com)). Ich habe ihn heute aus aktuellem Anlass verändert: „Stell dir vor, es ist Krieg in der SPÖ (oder im Parlament) – und keiner berichtet darüber!“
Heute hat der burgenländische Landeshauptmann und SPÖ-Landesvorsitzende Mag. Hans-Peter Doskozil den gegen ihn gerichteten Äußerungen der Bundesvorsitzenden Dr. Pamela Rendi-Wagner „Kindergartenniveau“ attestiert (Streit in der SPÖ: Länderchefs rufen zur Mäßigung auf | PULS 24). In meiner Studie „Bürgernähe im Zeitalter der Digitalisierung“ aus 2019 (nachlesbar unter Forschungen auf www.salutogenese.or.at) sprachen sich überwiegende Bürgermehrheiten gegen das inhaltsleere, nur personbezogene Hickhack der Parteien auf Kommunalebene aus.
Gegenüber meinen Erfahrungen aus meiner Zeit als Mandatarin einer politischen Partei (1973–1987) hat sich da einiges verändert; ich führe das darauf zurück, dass heute viele schon vom Elternhaus her streit-müde geworden sind – aber vom Kindergarten sicherlich nicht!
Es gehört zu den wesentlichen Erfolgen der Elementarpädagogik, respektvolles Verhalten vorzuleben und einzuüben. In seinem höchst lesenswerten Buch „Rebellinnen und Rebellen der Pädagogik“ (LIT Verlag Berlin Münster Wien 2021) zitiert der Vorarlberger Reformpädagoge Rainer Wisiak Annette Dreiers Eröffnungssatz aus ihrem Buch über Reggio-Pädagogik „Was tut der Wind, wenn er nicht weht?“: „Die beste Antwort auf einen Krieg ist ein Kindergarten, in dem wir eine neue Generation und uns selbst erziehen.“ (S. 167, Hervorhebung von mir.) Ähnliches zieht sich auch in dem Buch „Reflexion im pädagogischen Kontext“ seines Herausgebers Alfred Weinberger von der Privaten Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz (LIT Verlag 2013) durch: Wer immer den Anspruch besitzt, anderen Bildung – ich ergänze: auch politische Bildung – zu vermitteln, sollte die Vielfalt des „informellen Lernens“ reflektieren. Danièle Hollick zitiert dabei elf Typen „neuer Lerngelegenheiten“ in der Erwachsenenbildung: Autodidaktik, partnerschaftliche Lernsettings, Lernberatung (wie z. B. Coaching), informelle Lernsettings (z. B. Museen, Bildungsreisen etc.), mobile Lernorte (z. B. Anti-Rassismus-Busse), bürgerschaftliches Engagement, Erlebnisintensives Lernen (z. B. Outdoor-Seminare), arbeitsintegriertes Lernen (z. B. Qualitätszirkel), multimediales Lernen (z. B. Chatgroups) und lernende Regionen (S. 139 f.).
Was mir dabei fehlt, ist der Hinweis auf das Vorbildlernen an den Spitzenpersonen der Verwaltungen, egal auf welchen Ebenen des „Stufenbaus der Rechtsordnung“ (internationale ganz oben ebenso mitgemeint wie kommunale an der Basis): Durch ihre Permanenzpräsenz in Funk und Fernsehen haben ihre Verhaltensweisen stärkere Wirkung, als die singulären der fiktiven Action-Rolemodels.
Dank der bildgebenden Verfahren in der Gehirnforschung wissen wir seit Ende der 1990er Jahre, dass und wie allein Zusehen die gleichen Gehirnpartien beim Beobachter aktiviert und einen quasi Übungseffekt auslöst. In meinem Anfang September erscheinenden Buch „Friedenserziehung in der Elementarpädagogik“ (auch LIT Verlag) ist das ausführlich dokumentiert. (Bestellungen werden jetzt schon entgegengenommen.) Auch das sind „Lernprozesse“.
Deswegen ist von allen SpitzenpolitikerInnen zu fordern, dass sie darauf verzichten, Kriegsstimmungen zu produzieren – und von den Medienmachern, dass sie solche nicht „um der Schlagzeile willen“ (da steckt schon ein Schlag drinnen!) multiplizieren.