Die Zahl der Morde an Frauen seit Beginn des Jahres 2021 hat die Zahl 15 überschritten, und waren es bisher Strafmorde, so zeigt sich nach der sexualisierten Folter einer 29jährigen Elementarpädagogin, die ihr fast das biologische  Leben gekostet hat – vom psychosozialen Leben kann man nur hoffen, das es reanimiert werden kann – nunmehr ein totes 13jähriges Mädchen als Opfer; die Spuren an ihrem Körper deuten laut Medienberichten (Wien: Totes Mädchen mit Hämatomen an Baum gefunden – zwei Festnahmen | Welt (merkur.de)) auch auf ein vorhergegangenes Martyrium hin.

Nach der Festnahme von drei tatverdächtigen nach Selbstangaben jugendlichen Afghanen (und internationaler Fahndung nach einem vierten), beschäftigen sich die Medien und deren InterviewpartnerInnen fast ausschließlich mit der Frage der Abschiebung straffälliger Asylwerber in ihre Herkunftsländer; nur Rosa Logar von der Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt hatte Gelegenheit, ihre Sicht auf nötige Verbesserung der Zusammenarbeit mit der Justizverwaltung darzulegen („Strikte Sanktionen, keine milden Maßnahmen“ – FALTER – FALTER.at).

Nun ist Täterzentrierung ein wichtiger Aspekt der tertiären Gewaltprävention – der Verhütung weiterer Straftaten durch manifeste Täter. Es darf aber nicht übersehen werden, dass primäre Gewaltprävention zum Selbstschutz noch wichtiger ist.

Derzeit steht wieder zur Frage, welche einschlägig engagierten Vereine Sexualpädagogik in Schulen anbieten dürfen sollen – ein altes Konfliktfeld: „Linke“ Ziele im legendären “Sex-Koffer“ der 1970er Jahre waren die Vermittlung von Fachwissen für die Lehrerschaft und Befreiung von der sogenannten christlichen Sexualfeindlichkeit; als mit 1994 bzw. 1995 wieder ÖVP-UnterrichtsministerInnen die schulischen Lehrinhalte verantworteten, trat mehr die „emotionale Beziehungsfähigkeit“ (auch zur Stabilisierung von Lebenspartnerschaften) in den Vordergrund; als 2007 wieder eine SPÖ-Ministerin zu entscheiden hatte, lag deren Schwerpunkt auf der Antidiskriminierung von gleichgeschlechtlichen L(i)ebensweisen und damit auch auf Gewaltprävention. Daran hat sich seitdem (dank eifriger Lobbyisten der einschlägigen Vereine) wenig geändert – allerdings lag der Schwerpunkt der schulischen Gewaltprävention auf der Verhütung von sexuellem Missbrauch (ich benütze absichtlich diese gängige Formulierung, um die Stereotype vom „Kinderschänder“ aufzurufen). Vergewaltigung und Mord sind noch immer Tabuthemen.

Das Bemühen, die sogenannte Sexualpädagogik von Angstmache zu befreien, ist löblich und nötig – aber zu glauben, sexuelle Selbstbestimmung zu fördern, ohne die realistischen Gefahren sexueller Ausbeutung und sexualisierter Gewalt zu thematisieren, geht an den Anforderungen der gegenwärtigen übersexualisierten Gesellschaft vorbei. (Ich habe das ausführlich in meinem Buch „Sexuelle Reformation – Freiheit und Verantwortung“, LIT Verlag 2017 behandelt.)

Es gilt einen Weg zu finden, Misstrauen gegenüber „unerwünschten Erlebnissen“ (Gewalterfahrungen) und vertrauensvoller Mitgestaltung erwünschter Beziehungserfahrungen so zu vermitteln, dass man Jugendlichen gerade wegen ihrer üblichen Selbstüberschätzung (bzw. meist Kompensation von Unterlegenheitsgefühlen) die Informationen nahebringt, die sie brauchen, um sich rechtzeitig vor Gefahren zu schützen.

Das braucht Authentizität – und die hat man nur, wenn man selbst solche Gewalt überlebt hat. Buchwissen oder Fachausbildungen allein helfen da überhaupt nicht – genau so wenig wie nur Betroffenenkompetenz, die nur zu oft ideologisch ausgenutzt wird (auch eine Form von verdeckter Gewalt).

Ich habe in den 1990er Jahren über Anregung des damaligen ORF-Hauptabteilungsleiters Walter Schiejok ein Konzept erarbeitet – leider ist er mir vor der Ablieferung „abhanden gekommen“. Es liegt in meinem Archiv und ist nach wie vor und jetzt gerade besonders aktuell.