In einem Wiener Kindergarten soll es zu sexuellen Übergriffen gekommen sein („Missbrauchsverdacht im Kindergarten und Vertuschungsvorwürfe“, Der Standard, 17.05.2022, S. 9) – und das vor gut einem Jahr. (Der Pädagoge wurde umgehend vom Dienst enthoben, heißt es im Artikel.)

Nachdem trotz Bitte um Verschwiegenheit die Informationen mit großer Zeitverzögerung an die betroffene Elternschaft und in der Folge in die Medien gelangte, steht der Vorwurf der Vertuschungsabsicht im Raum. Der kann nur entkräftet werden, wenn minutiös alle Schritte zur Behandlung der Vorkommnisse nachgewiesen werden – genau dafür gibt es Dokumentationspflichten – und diese dann beweisen, dass eben nicht vertuscht wurde. (Dazu: Ich kenne aus Beratung und Supervision viele Fälle aus mehreren Bundesländern, in denen nicht nur vertuscht, sondern auch gedroht und eingeschüchtert wurde – die sind aber schon lange her.)

Was dabei vergessen wird: Es liegt an der fehlenden Fachsprache, wie in solchen Fällen exakt zu formulieren wäre. Denn spontan werden die meisten dazu berufenen Personen von Empörung erfasst – und in der Hochemotion lässt sich nicht leicht vernünftig denken.

Vielleicht liegt es auch an dieser „Ab-Scheu“, dass z. B. mein letztes Buch „Das Schweigen der Hirten – Kirche und sexuelle Grenzüberschreitungen“ (edition roesner, März 2022) medial ignoriert wird? Obwohl ich gleich zu Anfang schrieb: „Hirten sind wir alle!“ Wir alle müssen allein bei Verdacht an-sprechen und die Angst vor Verleumdungsvorwürfen überwinden – im Bewusstsein, korrekt formuliert zu haben. Aber diese Kompetenz fehlt fast allen, auch sogenannten Profis – dabei gehörte es in die Ausbildung aller, die mit Menschen arbeiten, nicht nur der Bildungs-, Gesundheits- und Sozialberufe (Jurist:innen mitgemeint).

Auch mein Buch „Friedenserziehung in der Elementarpädagogik“ aus September 2021 (LIT Verlag) ist bisher nicht rezensiert – obwohl auch darin viele Anleitungen zu finden sind, wie man mit Sprache gegen Übergriffe vorgehen kann. Und ebenso mein Buch „Mit Recht und Seele – Angewandte Sozialpsychologie für Jurist:innen – und alle, denen Gerechtigkeit ein Anliegen ist“ (aaptos Verlag Juli 2021), das auf meinen Vorlesungen am Institut für Arbeits- und Sozialrecht der Universität Wien basiert, wurde bisher nicht wahrgenommen bzw. rezensiert. „Ein garstig Lied! Pfui! Ein politisch Lied!“ heißt es in Goethes Faust (bei den Säufern in Auerbachs Keller).

Ja – sexuelle Übergriffe zu thematisieren ist hoch politisch – denn mit ihnen wird zu Dulden und Schweigen erzogen und Hierarchie – zu Deutsch: Herrschaft der Heiligen – hergestellt.

Seit genau 52 Jahren widme ich mich beruflich wie privat der Gewaltprävention und Medienpädagogik und habe dazu alle mir bekannten Ausbildungen – vor allem auch Neurolinguistik – absolviert, die ich dafür für nötig erachtet habe (vgl. www.perner.info unter Biographie / Qualifizierungen). Ich möchte mein einzigartiges Querschnittswissen und -können noch zu Lebzeiten an die interessierte Kolleg:innenschaft weitergeben – denn nur schriftlich oder in anderen „Konserven“ kann man nur Theorie vermitteln – Sprache aber besitzt nicht nur eine Inhalts- und Beziehungsvermittlung, sondern prägt auch das Denken und die Selbstachtung der Adressat:innen – wie auch der Sprechenden.

Schweigen hilft nur den Tätern und dazu zählen auch Verwaltungsbeamt:innen (kirchliche wie säkulare), die mit der Versprachlichung des Erfahrenen überfordert sind. Die Fähigkeiten dazu kann man „lernen“. (Lernen heißt in meinem Sprachgebrauch: Neue Nervenzellen bilden und vernetzen. Man braucht dazu nur motivierende Vor-Bilder).