Bundespräsidentschaftskandidat Norbert Hofer sagte bei einem Wahlkampfauftritt in Tirol wörtlich: „Kennt ihr einen Moslem, der im Pflegebereich arbeitet, der bereit ist, unseren Senioren vielleicht die Windeln zu wechseln? Ich kenne das nicht.“ Und er sagte den ersten Satz ohne besondere Betonung mit einer neutralen Miene, für den kurzen zweiten aber hackte er die einzelnen Worte ab und machte dazu eine Grimasse.
Kaum machte die Aufzeichnung die Runde im Internet, folgten Proteste von Bundespflegeverband, Bundesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrt etc. Allein seitens der Caritas wurde betont, dass in der Erzdiözese Wien 130 Personen muslimischen Glaubens einschlägig tätig seien. Und: Entscheidend sei immer die fachliche Qualifikation und nicht der Glaube.
Warum eigentlich nicht auch?
Ich denke, diese Diversität macht Sinn: In der Gesundheitsdefinition der Weltgesundheitsorganisation ist neben der körperlichen, seelischen auch die soziale (was beispielsweise die Kommunikation betrifft!) – und auch die spirituelle Gesundheit betont, und da im Mittelpunkt der Mensch stehen muss, ist es ein großer Fortschritt, spirituell kompetente Pflegepersonen der jeweiligen Glaubensbekenntnisse im Einsatz zu wissen.
Was mir aber aufgefallen ist, war die „perfekte“ Formulierung: Hofer, NLP-geschult – ich denke da an seinen Satz im ersten Wahlkampf, als er das Wort Protestwähler durch „Hoffnungswähler“ ersetzt wissen wollte – formuliert nur subjektiv, heißt er kenne das eben nicht. Als subjektives Nicht-Kennen ist diese Aussage nicht der Inkorrektheit zu zeihen – nur die Mimik und Betonung kann die Ironie der Infragestellung ersichtlich machen. Aber im Zusammenhang mit der Geschmacklosigkeit, die traditionell christliche Berufung auf Gott im Wahlkampf zu missbrauchen („So wahr mir Gott helfe!“ auf seinen Plakaten), merke ich zumindest die Absicht und bin verstimmt.
Wer weiß, wie es Menschen geht, die auf Radikalpflege angewiesen sind, kann nicht anders als mit Hochachtung von der Geduld und den Leistungen der Personen zu sprechen, die tagaus tagein diese Pflegeleistungen bewältigen – und das noch dazu ohne psychische Ausfälle oder Fehlverhalten. Wir müssen ihnen Dank zollen – damit sie durchhalten, und nicht durch diskriminierende Äußerungen demotiviert werden.
Artikel 7 des Bundesverfassungsgesetzes fordert, alle Staatsbürger seien vor dem Gesetz gleich und Vorrechte z. B. auf Grund des Bekenntnisses auszuschließen. Jede Diskriminierung beginnt aber im Denken, nachfolgend im Sprechen und endet bei Hasspostings und Aufrufen zur Gewalt und deren Verwirklichung.
Damit kein Missverständnis entsteht: Ich bin sehr wohl für Diskriminierung – von illegalem oder unethischem Verhalten, aber keinesfalls von Personen – und schon gar nicht von solchen, die der Gesellschaft dienen.
Von einem, der Bundespräsident werden will, erwarte ich daher vorbildhaft korrektes Verhalten und keine Ausreden auf Wahlkampf oder angebliche Spaßreden.