Der 65jährige Tory-Abgeordnete Neil Parish hat während einer Parlamentssitzung auf seinem Smartphone Pornos geschaut (Neil Parish tritt wegen Pornokonsums im Unterhaus zurück (faz.net)) – irrtümlich, weil er eigentlich Traktoren schauen wollte; offensichtlich war er an der parlamentarischen Arbeit desinteressiert – obwohl dazu ja auch die Beobachtung der anderen Abgeordneten und möglicher Reaktionschancen zählt. Zumindest wurde uns das in den Mandatare-Schulungen der 1970er Jahre so mitgeteilt: Aufpassen wie bei einem Fußball Match!
Nachdem Parish – der Name bedeutet laut Wikipedia Pfarre, Kirchspiel, Parochie! (Parish – Wikipedia) – zugeben musste, ein zweites Mal bewusst geschaut zu haben, bot sich für die Tageszeitung Kurier am 1. Mai Gelegenheit für die Schlagzeile „Porno am Handy folgt Polit-Rücktritt“ (Seite 10).
Mich erinnerte dies an einen ehemaligen Klienten, einen technischen Zeichner, der zu mir kam, nachdem er ebenfalls dieser „Fehlinterpretation des Inhalts seiner Arbeitsleistung“ überführt und wegen vermutlicher Pädosexualität der Polizei gemeldet worden war. Mir gab er als Motiv an, es habe ihm nur ungeheure Lust und Befriedigung verschafft, dass seine zwei ihm vis-à-vis sitzenden Kollegen keine Ahnung hätten, was er sich gerade traue – diese „Pleampeln“ (Pleampel, der [bleampe] | Wienerisch Wörterbuch (echtwien.at)). Mag sein – oder nur eine gute Ausrede
Was es dabei aber (unter anderem) aufzudecken gilt, ist der Energie-Abfall bei ungeliebten bzw. als fad empfundenen Tätigkeiten oder Verhaltensweisen. Stillhalten müssen etwa, besonders aber Aggressionen zurückhalten. Dann dient verbotenes Verhalten durch die mit dem Tabubruch verbundene Erregung dazu, den Energiepegel wieder hinaufzutreiben – bewusst „triebhaft“ eben – und das ist neuerlich ein Zeichen eines unreifen Zustands, der üblicherweise im 12. bis 14. Lebensjahr bereits überwunden ist. Deswegen beginnt ja die Strafmündigkeit erst mit 14.
Ich nenne das Pornosurfen gelegentlich auch das „Eiskasten-Syndrom“: So wie man manchmal zu später Stunde, wenn man nicht schlafen kann, zum Kühlschrank wandert ohne Hunger oder konkreten Appetit zu haben, sondern nur eine Leere spürt und hofft, dort irgendetwas Anregendes zu finden, so suchen manche (Männer!) im Internet nach irgendeinem erotischen Stimulus für den Unterleib. (Die Diplompsychologin und Neurophysiologin Anette Bolz berichtet in ihrem Buch „Sex im Gehirn – Neurophysiologische Prozesse in der Sexualität“, Verlag Bruno Martin, Südergellersen 1992) von Untersuchungen, nach denen „visuelle erotische Reize keinerlei Wirkungen auf den Hormonspiegel haben. Auch die endogenen Opiate, die bei sexueller Aktivität ausgeschüttet werden, werden nicht durch sichtbare Reize allein freigesetzt. [ – ] Dies mag vielleicht auch der Grund sein, warum manche Männer in Sexkinos selbst Hand an sich legen, um das eigentliche ,geile‘ Gefühl zu erzeugen, da das Hinsehen allein nicht den gewünschten Effekt erzielen kann.“ Frauen hingegen genüge ihre Phantasie zur Imagination – denn deren Inhalte wären anders als die dem Durchschnittsmann entsprechenden Identifikationsvorbilder der visuellen Angebote (Seite 151).
Dies bestätigt die Ansicht, dass es im Eigentlichen um die Selbstversicherung dominanter Männlichkeit für selbstunsichere Männer geht. (In der Therapie des oben zitierten Klienten kam übrigens heraus, dass in seiner Familie der gebildete, feinsinnige und wertschätzende Großvater im Gegensatz zu dem polternden, brutalen und abwertenden anderen, vor dessen Grobheit alle Angst hatten, nicht ernst genommen, sondern als Feigling verspottet wurde.)