Fasching bedeutet Narrenfreiheit – dennoch zeigt sich: Der Schelm ist wie er denkt. Daran musste ich denken, als ich heute, zwei Tage nach dem Opernball, in der Zeitung ÖSTERREICH las: Großer Titel: “Scherz am Opernball wird zu Polit-Eklat”, kleiner Titel: “ORF-Star spottet über FPÖ-Politikerin live im TV” und noch kleiner: “ORF entschuldigt sich halb für Weichselbraun”, denn “In der FPÖ fühlt man sich gemobbt und wittert ein Vorsatzdelikt.”
Die entzückende Mirjam Weichselbraun hatte nämlich eine Einspielung von Politlady Ursula Stenzel als irgendwann in ihrer ORF-Zeit auch mal Opernball-Promi-Interviewerin kichernd und schmunzelnd mit “Was wohl aus der Interviewerin geworden ist? Wahrscheinlich nicht viel.” kommentiert – ein klassischer “Tropus” (Sammelbegriff für rhetorische Stilmittel)!
In der von mir erfundenen Methode PROvokativpädagogik verwendet man beispielsweise solche Über- oder Untertreibungen um aus Kampfangeboten heitere Spielangebote zu machen (z. B. im Schulunterricht aber auch in anderen Berufen). Jeder vernünftige – d.h. noch nicht durch Sekt und ähnlichen “Geist” illuminierte – Carnevalbeobachter konnte an Stimme und Mimik von Weichselbraun den Gag in dieser Formulierung erkennen: “Nicht viel” bei einer Frau mit einer so tollen Karriere – Abgeordnete zum Europaparlament, “Bürgermeisterin” der Wiener City und jetzt übergeordnet Landtagsabgeordnete – ist einfach genial witzig.
Nicht witzig hingegen sind so manche Äußerungen bei den Aschermittwoch-Reden von FPÖ-Parteiobmännern. Denn der Ton macht die Musik – und der war gelegentlich menschenverachtend brutal. Schon Sigmund Freud differenzierte in seiner Abhandlung über den Witz den tendenziösen vom einfach nur lustigen ohne böse Absichten. Das macht eben den Unterschied aus zwischen der Kunst gehobener Blödelei und derbem Spott: Wer auf hohem Niveau herumalbern kann, gleicht einem unschuldigen Kind, das nichts Böses im Sinn hat. Wer hingegen die Methode “Alle sind so bös zu mir” praktiziert, um sich einen Märtyrer-Status zu erschleichen, versucht andere zu Schuldigen zu machen – und das ist auch eine Form von Gewalt.
Wieder mal in der Bibel zu lesen wäre nicht schlecht: Matthäus 7, 1–5!