„Das Problem ist, wenn Ungleichbehandlung mit Abwertung verbunden ist“, schrieb die Grünen-Nationalratsabgeordnete Mag.a Faika El-Nagashi anlässlich der heurigen Wiener Regenbogenparade („Die Weiblichkeit wird abgesprochen“, Salzburger Nachrichten, 11.06.2022, S. 2).
In ihrem Buch (gemeinsam mit der Wiener Ärztin und SPÖ-Landtagsabgeordneten Dr.in Mireille Ngosso) „Für alle, die hier sind“ (Kremayr & Scheriau, 2022) schreibt es die ungarisch-ägyptisch-stämmige Politologin noch deutlicher: „Jede Partei hat ihre Versprechen. Bei den Grünen waren es für mich die von der Durchsetzung von Menschenrechten“ (S. 59). Dort heißt es in Artikel 3 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention): „Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden.“ – und das gilt nicht nur als Verbot für Staaten, sondern für uns alle, denn die Staaten, die die EMRK unterzeichnet haben, müssen dies auch durch nationalstaatliche Gesetze garantieren. (So erklärt sich auch die jüngste Anzeige gegen einen Elementarpädagogen, der angeblich ein Kind in die Toilette eingesperrt haben soll.
Da ist noch viel an Antidiskriminierungsgesetzgebung fällig, wie das stete Bemühen des engagierten Rechtsanwalts Helmut Graupner beweist – denn noch immer gibt es Bevölkerungsgruppen, die fern jeder Wissenschaftsinformation gleichgeschlechtliche Liebe ihrer fundamentalistischen Erziehung entsprechend für Krankheit, Verbrechen oder Sünde halten. Ich – die allen drei Berufen zugehört, in denen diese „Etikettierungen“ verteilt werden – sehe darin vor allem ein Instrument gezielter Bevölkerungs- und Kriegspolitik („Der Führer braucht Soldaten“).
In meiner theologischen Masterarbeit – gekürzt und popularisiert als Buch „Sexuelle Reformation – Freiheit und Verantwortung“, LIT Verlag Berlin Münster Wien, 2017 erschienen und, wie die meisten meiner kulturkritischen Bücher, medial totgeschwiegen – habe ich unter anderem aufgezeigt, dass man Genesis 1, 28 statt mit „Seid fruchtbar und mehret euch!“ auch mit „Seid kreativ und fördert einander!“ übersetzen kann (S. 35 f.), besonders dann, wenn man Adam und Eva nicht als Ehepaar interpretiert, sondern als Prototypen für alle als männlich oder weiblich „bestimmten“ Menschen. Denn auch die drei nachgewiesen unterschiedlichen Autorengruppen des Alten Testaments waren so wie dessen erste Interpreten und Übersetzer Männer ihrer Zeit – und daher im damaligen strategischen Denken verhaftet (so wie wir ebenso im heutigen – sofern wir uns nicht selbst kritisch darin überprüfen – nur ist das seit der Aufklärung multikultureller, und da gehört Widersprüchliches eben auch dazu).
Solche strategischen Übersetzungen finden sich viele im Alten Testament, etwa wenn „zelah“ in Genesis 2, 22 mit „Rippe“ übersetzt wurde, aber doch primär „Seite“ bedeutet (wie der wiengebürtige jüdische Religionswissenschaftler Pinchas Lapide (1922–1997) in seinem Buch „Ist die Bibel richtig übersetzt?“, die Zusammenführung seiner beiden Bände aus 1986 und 1994, 2004 im Gütersloher Verlagshaus erschienen, schrieb); daher wurde Adam – der „Erdling“ – von hebräisch adama, die Erde – eigentlich halbiert und verdoppelt zugleich; das habe ich denn auch mit dem Titelbild dieses meines Buches zu verdeutlichen versucht.
Praktizierte Nächstenliebe lässt andere lieben, wen sie in ihr Herz aufnehmen wollen. Und wie sie das tun, geht niemand etwas an, sofern das Strafgesetz nicht verletzt wird (und das kann man ändern, wie die Geschichte immer wieder beweist).