Rechtzeitig zum Internationalen Frauentag ist im LIT-Verlag ein Buch erschienen, in dem u. a. am Beispiel von Ursula von der Leyen in ihrer Zeit als Verteidigungsministerin Deutschlands (2013–2019, vorher Familienministerin 2005–2009, dann Arbeitsministerin; aber als sie Verteidigungsministerin wurde, wurde sie als „naiv und politisch unerfahren“ kritisiert!) abgehandelt wird, wie Frauen medial behandelt werden, wenn (zu Recht?) die Befürchtung besteht, dass sie männliche Identität gefährden: Das Buch heißt „Frauen. Medien. Krieg“ und als HerausgeberInnen zeichnen Bettina Biron, Wolfgang Duchkowitsch und Wolfgang Lambrecht – eine Frau und zwei Männer – Taktik oder Lapsus? Denn das Autorinnenverzeichnis weist 13 Frauen gegenüber 5 Männern auf.
Mich erinnert das an etliche Erlebnisse im Wissenschafts- wie auch politischen Umfeld, wo sich immer wieder unbeteiligte Männer in Aktivitäten von Frauen hineinreklamierten, meist mit Berufung darauf, dass sie in irgendeiner Funktion deren Vorgesetzte wären. Ich sagte dann immer mit sarkastischem Stimmfall, „Jaja – ich weiß, Du setzt Dich wieder einmal einfach vor!“
Etwas vorsetzen besteht auch darin, einer Frau einen bestimmten Namen oder ein bestimmtes Etikett vorzusetzen. (In Österreich kennen wir dies vor allem von einem Kolumnisten, der mit Wonne Personen auf diese Weise – lustig lustig – verspottet.) Die Salzburger Kommunikationswissenschafterin Martina Thiele erinnert in ihrem Buchbeitrag „Friedens-Bertha und Flinten-Uschi. Zu Geschlechterstereotypen in Zeiten von Krieg und Frieden“ an die Unbill, die die österreichische Nobelpreisträgerin Bertha von Suttner erdulden musste, oder wie von der Leyen einerseits auf einem Titelbild des Magazins Stern als „Kriegsministerin“ bezeichnet – und damit tendenziös festgelegt wurde bzw. werden sollte – oder noch ärger, halbnackt in einer mehr als sexistischen Fotomontage mit überdimensioniertem Unterleib im woman-spreading als Flinten-Uschi (Seite 84). Als Gegenmodelle zitiert die Professorin die durch den Folterskandal von Abu Ghraib zu unrühmlicher Bekanntheit gewordene US-Soldatin Lyndie England und das aus dem Irakkrieg im Beisein von Fernsehteams „gerettete Opfer“ Jessica Lynch … und immer geht es darum, was die „eigentliche Natur der Frau“ ist – oder zu sein hat.
Von dem in den 1990er Jahren vielfach interviewten Juristen und Psychologen und Autor zahlreicher geschlechtersensibler Bücher, Volker Elis Pilgrim (alias Max Melbo) stammt die Formulierung, „Wenn eine Gesellschaft etwas als ,natürlich‘ erklärt, will sie damit nur ausdrücken, dass sie etwas als unangreifbar wünscht. Dagegen bedeutet das Etikett ,unnatürlich‘, dass das damit gekennzeichnete Verhalten missbilligt wird und von jedermann angegriffen werden kann.“ („Dressur zum Bösen“, Seite 99.) Leider glauben noch immer viele, Frauen wären „von Natur aus“ unterwürfig. Sie ignorieren die Wirkungen von Erziehung und ähnlichen „Gehirnwäschen“, aber auch von medialen Suggestionen. Leider auch manche Frauen. Und genau deswegen ist Ethikunterricht für alle wichtig – um diese historischen Manipulationen zu enttarnen. Und genau deswegen gehört Ethikunterricht genau kontrolliert – damit er nicht wieder in Manipulation ausufert.