Der durch sexuelle Herabwürdigung mittels seines Computers – bei bestrittener Urheberschaft – der Grün-Politikerin Sigi Maurer berühmt gewordene „Bierwirt L.“ hat Maurer erneut geklagt, war am Samstag, 17.10.2020, Seite 20, in der Tageszeitung Kurier zu lesen. Er hatte nämlich vom Vorbesitzer seines Lokals und gutem Freund erfahren, dass Maurer diesem, als der sich bei ihr gemeldet hatte, weil er Morddrohungen erhalten hatte (ich vermute, weil irgendwer Alt- und Neu-Besitzer des Lokals verwechselt hat) über Facebook-Messenger geantwortet hatte: „Das tut mit leid. Das wünsche ich nicht einmal diesem Arschloch.“
Auf Befragen der Richterin erklärte der Wirt, das habe ihn „schon“ gekränkt – so der Bericht – und er selbst verwende das A-Wort „nur unter Freunden als Spaß“.
Dass Gewalt sich gerne als Spaß verharmlost, habe ich oft genug geschrieben (etwa auch in meinem Buch „Heilkraft Humor“, edition roesner). Es gibt aber auch eine „legitime“ Empörung, erinnere ich mich an mein Jus-Studium, und die würde eine „Entgleisung“ Sigi Maurers entschuldigen – wenn man davon ausgeht, dass sich alle in „geordneten Bahnen“ zu bewegen hätten. Nur: Die Zeit der vorgegebenen Sprach-Schienen ist vorbei; die Grenze liegt heute in der politischen Korrektheit, auf sexistische (oder rassistische oder ageistische etc.) Attacken zu verzichten. Das A-Wort gehört nicht in diese Kategorie. Es ist schon lange gesellschaftsfähig geworden.
So nennt der der renommierte Professor für Management Science and Engeneering in Stanford Robert I. Sutton sein Grundsatzbuch „The No Asshole Rule“ – auf Deutsch „Der Arschloch-Faktor“ (Hanser Verlag) – und wiederholt das A-Wort allein im Inhaltsverzeichnis sechs Mal. Er schreibt im Kapitel „Den ,inneren Mistkerl‘ bändigen“: „Manche Menschen verhalten sich wie Arschlöcher, egal, wo sie gerade sind, und können nicht davon ablassen, selbst noch die friedlichste, warmherzigste und freundlichste Umgebung mit ihrem Hohn und ihren Wutausbrüchen zu vergiften.“, und er rät: „Falls Sie sich immer und zu jeder Zeit wie ein Arschloch aufführen, sollten Sie sich am besten einen Therapeuten suchen, Prozac nehmen, an Wut-Management-Seminaren teilnehmen, transzendentale Meditation probieren, mehr Sport betreiben – oder alles zusammen.“ (S. 90).
Psychotherapeuten wissen, dass Menschen, die andere höhnen, damit ihr unsicheres Selbstwertgefühl erhöhen wollen. Beliebte Zielpersonen sind diejenigen, denen sie sich unterlegen fühlen – und von denen sie erwarten, dass sie sich ob ihrer Höflichkeitserziehung nicht wehren werden – junge Frauen etwa. (Bei alten Frauen muss man damit rechnen, dass sie einen wie einen ungezogenen Buben behandeln.) Und je höher eine Frau auf der sozialen Rangliste über ihnen steht, desto größer wird der Hass unbewusst konkurrierender Männer – daher wählen sie Hass-Sprache als Waffe und hoffen auf johlende Unterstützung Gleichgesinnter.
In dem Bericht im Kurier stand ja auch, dass Bierwirt L. vor kurzem an den Richter des Erstverfahrens hinsichtlich der o. a. sexuellen Herabwürdigung schrieb: „Das kann sie (gemeint ist Maurer, Anm.) nicht beweisen. Daher ist sie gefickt.“, und, „Das Wort habe er im Sinne von ,schuldig‘ verwendet, sagt er.“ Diese sexistische – nicht gesellschaftsfähige – Wortwahl beweist allerdings erneut, wie sehr der Mann noch immer Penetrationsphantasien und Probleme mit seiner Aggression und Sexualität hat.