Verteidigungsminister Mario Kunasek wird sicher von vielen konservativen Männern Beifall bekommen haben, als er vor kurzem die Verwendung geschlechtergerechter Formulierungen eine deutliche Absage erteilte – und es werden sicher auch einige Frauen, die der Sicherheit halber unbedacht mit Männern kollaborieren, mitgejubelt haben.
Klubobmann Johann Gudenus soll sich Kunasek mit „Bringt nichts, kostet nur Zeit und Geld“ angeschlossen haben (Kurier, 26. Mai 2018, Seite 2).
Das finde ich schade, traurig und korrekturbedürftig.
Das Binnen-I (oder Sternderl, Unterstrich etc.) hat nämlich Sinn und „bringt was“: Es bringt ins Bewusstsein, dass es Frauen auch in Berufen gibt, die traditionell nur in Männerform gedacht waren. Damit hat es Vorbild-Wirkung und Motivationscharakter, eine solche Berufswahl ins Auge zu fassen.
Nun mag Minister Kunasek möglicherweise der Meinung sein, Frauen brächten nur Unordnung in die „friedliche“ Männergemeinschaft, erforderten Anpassungsleistungen (Toilette-Anlagen!) und wären beim Heer überhaupt verzichtbar … so etwas ist persönliche Ansichtssache, und manche Männer glauben das sicher noch immer – oder schon wieder. Ich habe selbst zu Beginn dieses Jahrhunderts an der Militärakademie „Gender Mainstreaming“ unterrichtet und die TeilnehmerInnen (hochqualifizierte Personen im Offiziersrang) informiert, dass dies nicht mit Frauenförderung verwechselt werden sollte, denn es bedeutet vor allem sensibel darauf zu achten, dass nicht ein Geschlecht gegenüber einem anderen grundlos benachteiligt wird, kommt also auch den Männern zugute.
Und mit Feminismus hat das Binnen-I auch nichts zu tun – weder mit dem wissenschaftlichen (der die Sozialgeschichte von Frauen erforscht und dabei eben auf viele Diskriminierungen stößt) noch mit dem eher spirituellen, der eine naturnahe Weiblichkeit propagiert (was unseren „Germanen“ eigentlich gefallen sollte …). Es hat mehr mit internationalem Kulturvergleich von Sprachen und Abbau von Eurozentrismus zu tun. Aber: Dagegen darf man schon sein – Chauvinismus ist ja (noch) kein Verbrechen – man(n) muss es nur sachlich argumentieren. Sonst drängt sich der Gedanke auf, es ginge nur um mediale Aufmerksamkeit mangels anderer Inhalte.
Ich befürworte geschlechtergerechte Sprache, weil Sprache „Wirk-lichkeit“ schafft: Was nicht angesprochen wird, existiert nicht im Denken und in den geistigen Bildern. Wenn wir „Soldat“ sagen, ist das geistige Bild ein Mann. Sagen wir Soldaten und Soldatinnen, sehen wir ein Paar, vielleicht sogar Gruppen – getrennte oder gemischte. Das ist deshalb so wichtig, weil Landesverteidigung uns alle angeht! Auch die Frauen, auch die „untauglichen“, auch die „zu alten“ und auch die „zu jungen“. Alle.
Heute geht es nicht mehr um Robben in Schlamm und Dreck oder nur um Nahkampftechniken sondern um Wachsamkeit gegenüber terroristischen Anschlägen, nicht nur auf Menschen, sondern vor allem auf unsere Infrastruktur. Und auf unser Denken. Da braucht es technische Kompetenzen ebenso wie soziale – denn in Krisensituationen braucht man auch Menschen, die andere beruhigen können (und nicht nur befehligen), und auch pädagogische und sozialtherapeutische.
Ich habe dazu anlässlich der letzten Volksbefragung ein ausführliches Konzept erstellt. Es dürfte in den „Rundablagen“ der Politiker, denen ich es zukommen ließ, verschwunden sein … aber vielleicht lädt mich Minister Kunasek zu einem Gespräch ein? Wer weiß?