Im zweitägigen Europaforum Göttweig (10./11. Juni) ging es heuer um das Thema Bürgernähe in der EU. Das war auch das Thema der Lehrveranstaltung „Politische Kommunikation“ von Professor Friedrich Schipper im Sommersemester am Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaften der Universität Wien, in der ich neben anderen als Expertin mitwirken konnte. In der Abendsitzung zwischen Samstag und Sonntag diskutierten die Studierenden (davon etliche mit internationalem Hintergrund) über den Unterschied von Bürgernähe und Populismus.
Einer der wesentlichen Unterschiede zeigt sich in der Richtung der Kommunikation: Während Bürgernähe die Sichtweisen der BürgerInnen wissen will und sich daher um Austausch und Dialog „auf Augenhöhe“ bemüht, will Populismus seine Sichtweisen „unters Volk bringen“ (also von oben herab einwirken). Populismus lebt von Anbiederung und scheut dabei keine Unhöflichkeiten, Hauptsache die Medien übernehmen den jeweiligen Sager — ob dieser nun „Vollholler“ lautet oder „Powidl“. (Tiefenpsychologisch weisen diese wiederholten Assoziationen mit süßen Breispeisen auf orale Bedürftigkeit hin, wie sie beispielsweise bei Absinken des Zuckerspiegels — beispielsweise weil man schon längst speisen möchte — auftreten, wenn dann meist unbewusst die Gedanken um verbotene Köstlichkeiten kreisen.)
Grobe Redeweise macht einen jedoch noch nicht zum „Mann aus dem Volke“.
Sie beleidigt eher das Volk …
Kein Populismus hingegen sind Überlegungen und Konzepte, die den Wünschen der Bevölkerung entgegen kommen — auch wenn sie vielleicht noch nicht ausformuliert oder durchkalkuliert sind. Dabei ist aber kritisch anzumerken, dass viele solcher Absichten in viel zu frühen Entwicklungsphasen publiziert werden — möglicherweise aus dem Streben nach Anciennität (d. h. als Erste etwas angedacht zu haben), Angst vor Ideenklau oder auch nur Wichtigtuerei von irgendwelchen möchtegern „Geheimnisträgern Erster Klasse“.
Und was ist mit den bekannten Aschermittwoch- oder anderen Büttenreden? Für mich zählen sie zum Bereich „Narrenfreiheit“ — Betonung auf Narren. Von Narren darf man keine politische Korrektheit erwarten, sehr wohl aber die Beachtung des Strafgesetzes. Es liegt also an Ort und Zeit, ob man die Zuhörerschaft mit Worten (!) zum Lachen „bringen will“ — aber auch das ist bereits eine subtile Form von Gewalt.