In den Salzburger Nachrichten vom 18. Dezember erklärt die Kolumnistin Karin Portenkirchner das mangelnde Blinken vieler Autofahrer damit, dass es „uncool“ sein – des „nervigen“ Geräusches wegen, das es verursache – oder weil sich dahinter möglicherweise eine „Sehnsucht nach Privatheit“ verberge, „es muss nicht jeder alles wissen“. Interessanter Ansatz, letzterer, finde ich: Da kann nämlich auch noch ein versteckter Machtwahn zum Ausdruck kommen, der in etwa lautet „Für die Surm (= Dummköpfe) hinter mir blinke ich doch nicht!“

Ich habe nämlich – in Wien – des Öfteren gehört, wie Gäste (männlich) das Servierpersonal (weiblich) per Du anredeten und auf meine listige Frage, ob sie Schulkollegen gewesen seien, grob antworteten: „Zu der sag‘ ich doch nicht Sie!“ Umgekehrt ist es – in Wien – üblich, besonders schmackhafte Speise mit „Zu dem Schnitzel – Braten, Kuchen oder was sonst auch immer – kann man Sie sagen!“

Mir geht es aber um ein ganz anderes Phänomen: Ich beobachte zunehmend, dass man eigentlich logische Selbstverständlichkeiten ausdrücklich – und in wertschätzender Sprache damit nicht gleich trotzig abgewehrt wird – erklären muss, damit sie angenommen und in die Alltagroutine eingegliedert werden. In Film und Fernsehen – den „geheimen Erziehern“ – sieht man ja nicht demonstrativ, dass Detektiv Kottan oder sonst jemand auf Verfolgungsjagd blinkt, wie also sollte sich diese „Sozialtechnik“ unterschwellig ins „prozedurale“ Gedächtnis einspeichern?

Andere vor eigenem potenziell gefährlichen Verhalten zu warnen, zählt zu den Kulturtechniken der Rücksichtnahme. In diesem Wort steckt ja auch der Begriff der Rücksicht, also des Hinter-sich-Blickens, drin. Rücksichtlosigkeit hingegen kann unter „krank“, d. h. sozial behindert, oder „kriminell“ eingeordnet werden und lässt die Frage offen, von wem dieses Verhalten „lernend“ abgeschaut wurde.

Ich erinnere mich noch gut an die Zeiten, als im ORF die Puppenfigur „Helmi“ Kindern verkehrsgerechtes Verhalten beigebracht hat.

Heute bräuchte man solch eine Leitfigur für Erwachsene … Helene Fischer könnte ja mal singen „Rücksichtsvoll durch die Stadt“ …

Das zur Anregung an das Kuratorium für Verkehrssicherheit.