1969 – ich war knapp ein halbes Jahr verheiratet und mein Ehemann vom ORF Wien in den Pressedienst des Wiener Rathauses übergewechselt – lernte ich die Medienexperten der SPÖ Wien kennen, die für den aktuellen Gemeinderats- und Landtagswahlkampf verantwortlich waren, denn es gab ein Abendessen „mit Damen“. Es blieb mir vor allem aus zwei Erlebnissen in Erinnerung: Erstens sagte Vizebürgermeister Felix Slavik zu meinem Mann (damals sein Pressereferent) „Solche Frauen wie deine brauchen wir – schick sie uns in die Partei!“ (dabei war ich bereits seit 1955 beim VSM und danach ab 1962 im VSStÖ, aber halt noch nicht besonders aktiv), und zweitens sangen er (geb. 1912) und Bürgermeister Bruno Marek (geb. 1900) zu fortgeschrittener Stunde „Wir sind jung und das ist schön!“ (das Kinderfreunde-Lied), was einer gewissen Pikanterie nicht entbehrte …
Unmittelbar danach gründeten die anwesenden Journalisten und Kulturschaffenden (nur Männer) die K-Gesellschaft mit dem deklarierten Ziel, einander für Ehrungen und Titel einzureichen. Mein Ehemann war wohl zu wenig servil, um solch einer Ehre zuteil zu werden – oder es gab zu viele Widerstände. (Mir haben immer wohlwollende Freund:innen, meist Frauen, berichtet, wer konkret in den Jurys gegen mich gestimmt hatte, wenn ich für irgendwas vorgeschlagen wurde, damit ich wisse, wer meine Feind:innen seien, und denen gehe ich seitdem aus dem Weg, auch auf dem virtuellen).
Ich selbst habe mir angewöhnt, vor allem Frauen, deren Verdienste anderen, prominenteren zugesprochen werden, für „sichtbare Auszeichnungen“ einzureichen – wie Dr. Erika Seda (1923–2020), die als eine der ersten an Corona verstarb und der wir die Abschaffung des alten § 91 ABGB („Der Mann ist das Haupt der Familie“) verdanken – und nicht Johanna Dohnal. Ob ihr, wie von mir angeregt, in Döbling eine Gasse etc. gewidmet wurde, entzieht sich meiner Kenntnis – vermutlich nicht.
Erfolgreich war ich hingegen bei der Bildungswissenschaftlerin Mag. Christiana Pordes-Weidel, die sich vor allem auch gegen Frauenhandel eingesetzt hat, oder der langjährigen MÖWE-Vorsitzenden Martina Fasslabend, die mit ihren Charity-Aktionen viel Geld für die Caring-Arbeit aufgestellt hat (und dafür von Psycho-Seite kaum Verständnis fand).
Jetzt freue ich mich, dass es mir – allerdings nur dank Unterstützung einflussreicher SPÖ-Funktionär:innen – gelungen ist, dass die Sackgasse neben dem Mariahilfer AIDS-Hilfe-Haus (bisher Liniengasse 60) morgen, am World-Aids-Day, auf „Dr. Reinhardt Brandstätter Platz“ umbenannt wird: Reinhardt, Mediziner und wesentlicher Begründer der Aids-Sexualhygiene nicht nur für schwule Männer, hätte heuer seinen 70. Geburtstag gefeiert – stattdessen erinnern wir uns an seinen 30. Todestag.
Mit Reinhardt Brandstätter (Reinhardt Brandstätter – Wikipedia) hat Österreich einen Pionier vergleichbar dem legendären Ignaz Semmelweis (1818–1865 Ignaz Semmelweis – Wikipedia). Es ist hoch an der Zeit, nicht nur die „verlorene Geschichte der Frau“ (Buchtitel Hilde Schmölzer aus 1990), sondern auch die von offen und initiativen schwulen Männern sichtbar zu machen.