Eine Mitarbeiterin erzählte mir einmal geheimnisvoll, ihre beste Freundin habe ihr unter dem Siegel der Verschwiegenheit erzählt, deren Lover, ein Rechtsanwalt, habe ihr wiederum unter dem Siegel der Verschwiegenheit erzählt, dass er von seinem besten Klienten beauftragt worden sei, ihn vom Vorwurf eines – zumindest für Spießer – hahaha – „unanständigen“ – Verhaltens rein zu waschen. Ob das herumgetratschte Verhalten tatsächlich wahr sei, fragte ich, und bekam zur Antwort: Das wisse sie allerdings nicht.
Da ich ja vom Ursprungsberuf Juristin bin, machte ich sie darauf aufmerksam, dass sie sich des Delikts der üblen Nachrede zumindest mitschuldig mache – und außerdem „Stille Post“ spiele, denn es sei anzunehmen, dass die ursprüngliche Information sich „von Mund zu Mund“ schon ziemlich umgestaltet habe.
Und dann zeigte ich auf: Beginnend mit dem Herrn Rechtsanwalt, der seine Verschwiegenheitspflicht zugunsten seiner emotionalen Erleichterung hintan stellte – und, wie sich zeigte zu Unrecht, darauf vertraute, dass seine Geliebte ihre emotionale Reaktion zurückhalten könne, war auch deren Entzücken, nun Geheimnisträgerin Erster Klasse zu sein, größer als die Sorge, dass ihre Schwatzhaftigkeit Negativfolgen haben könnte … und so weiter und so fort. Die Belustigungskette endete bei mir: Ich habe bekannterweise wenig Verständnis dafür, sich auf Kosten anderer zu belustigen – und noch weniger für die gedankenlose Verbreitung von ungeprüften bzw. unüberprüfbaren „Neuigkeiten“.
„Die Verleumdung, sie ist ein Lüftchen“, singt der boshafte Musiklehrer Basilio in Rossinis „Barbier von Sevilla“, und beschreibt in dieser berühmten Arie, wie sie zu einem Sturm „wie das Brüllen von Kanonen“ anwachsen kann: https://www.youtube.com/watch?v=A41pvDpZKLM (zitiert auch in meinem Buch „Gewaltprävention im Alltag“ – vergriffen, nur mehr bei mir erhältlich).
Das Problem besteht in der Unfähigkeit des Containing – des Bei-sich-Behaltens von Energie.
So wie ein kleines Kind erst lernen muss, seine Ausscheidungen bei sich zu behalten und nur am rechten Ort loszulassen, so ist es ein Zeichen von geistiger Reife, seinen „seelischen Schließmuskel“ beherrschen zu können und genau zu wissen, wann und wo man – nennen wir es mal – „noch Unverdautes“ von sich geben „will“. Bevor man sich zu so etwas, bewusst nämlich, entscheidet – als Whistleblower etwa – müssen Informationen als quasi geistige Nahrung geprüft werden: vor der Aufnahme, vor der Verdauung, vor der Ausstoßung. Gift spuckt man ja auch aus – aber in den Abort. Und nicht anderen ins Gesicht (und da gehören die Ohren ja auch dazu).