„Jugendlicher zerschlägt Ei auf Kopf von Senator, dieser schlägt zu“ titelt heute die Kleine Zeitung online (https://www.kleinezeitung.at/international/panorama/5597496/ChrischurchMassaker-Jugendlicher-zerschlaegt-Ei-auf-Kopf-von) – doch wie anders lautet die Schlagzeile auf https://www.oe24.at/welt/Rechter-Politiker-schlaegt-Teenie-nach-Ei-Attacke/372144947 – und auch die beiden Videos in diesen Berichten differieren … Während Oe24 zeigt, wie der Ei-Klatscher dem rechtsgerichteten australischen Senator Fraser Anning, der gerade ein Interview gibt, von hinten ein Ei auf dem Kopf aufschlägt und sich dann Securities auf ihn werfen, sieht man im Bericht der Kleinen Zeitung, wie der junge Mann (aus meiner Sicht kein Jugendlicher mehr) den Senator zuerst mit dem Handy filmt und ihm dann das Ei an den Kopf knallt – und alles hinter dessen Rücken.
Mich erinnert das an die „Tortung“ des Wiener FPÖ-Abgeordneten Hilmar Kabas im April 2000 – aber da hatte der Angreifer den Mut, sich seinem Opfer von vorne zu nähern. Viele Gegner – nicht nur ideologische – fanden das damals witzig, immerhin gab es meiner Erinnerung nach zu dieser Zeit eine deutsche Fernsehshow, in der der Moderator immer irgendwann eine Torte ins Gesicht bekam. „Deutscher Humor“ halt. Als dann 2004 der Rektor der Wiener Universität, Georg Winckler, und Sektionschef Sigurd Höllinger während einer Veranstaltung des VSStÖ mit Torten beworfen wurden, distanzierten sich sowohl dessen damaliger Vorsitzender Andreas Brunner – Tortenwürfe wären nicht geplant gewesen (wieso waren dann welche „zur Hand“? Auch mit rohen Eiern pflegt man nicht spazieren zu gehen …) – wie auch der seinerzeitige SPÖ-Wissenschaftssprecher Josef Broukal (http://derstandard.at/1543278/Uni-Wien-Rektor-Winckler-getortet).
Ich kann schon nachvollziehen, dass politische Gegner, oder Personen, die Aufmerksamkeit für ihre Gegenpositionen suchen, oder Menschen, die meinen, ihre Wut an denen auslassen zu dürfen, die nicht so denken wie sie, solche „Beschmutzungen“ lustig finden. Wie Sigmund Freud in seiner Abhandlung über den Witz aufgezeigt hat, wird Aggression oft als harmlos oder spaßig verteidigt – in der Hoffnung, die Lacher auf der eigenen Seite zu haben; wenn man sich wehrt, findet meist Schuldumkehr statt – sogar dann, wenn auf Worte Gewalttaten folgen: „Hätt‘ er (sie) ihn halt nicht gereizt“. (Dass einem selbst so etwas passieren kann, wird nicht bedacht – wer will sich schon selbst als potenzielles Opfer sehen?)
Talion – die älteste und „einfachste“ im Sinne von „primitivste“ Form von Ethik – besagt „Aug um Aug, Zahn um Zahn“ und das bedeutet, nur EIN Auge und nicht beide, nur EIN Zahn und nicht zwei oder drei oder noch mehr.
Auf Worte kann man mit Worten (etwa als Protestgeschrei) reagieren, auf körperliche Attacken mit körperlich gleichwertigen. „Gerechtfertigte Empörung“ ist ein Schuldausschließungsgrund.
„Litigation“ ist das Fachwort für die Strategie, durch initiierte tendenziöse Medienberichterstattung die öffentliche Bewertung von Konfliktverläufen zu beeinflussen. Manche Rechtsanwälte sind darauf spezialisiert.
Ich finde: Auch wenn jemand noch so ungeheuerliche Aussagen trifft, so gehören diese deutlich VERBAL abgelehnt bzw. inhaltlich zerpflückt – beides Formen, sich davon zu distanzieren. Jemandem aber körperlich „zu nahe zu treten“ (ohne selbst physisch attackiert worden zu sein), und vorbereitete „Pseudowaffen“ einzusetzen, enttarnt einen selbst als absichtlichen Gewalttäter. Alle (nicht nur Securities), die solche Übergriffe sehen, sind aufgefordert, sofort hemmend einzugreifen – auch wenn man innerlich in Schadenfreude frohlocken sollte.