Staatssekretärin Edtstadler hat die Ergebnisse der von ihr geleiteten „Task Force“ Strafrechtsreform veröffentlicht und wird sofort von all denen heftig kritisiert, die jahrelang Zeit gehabt hätten, ihre Verbesserungsvorschläge einzubringen – vor allem auch in Hinblick darauf, dass sie ihre Institutionen (Frauenhäuser, Universitäten, Berufsverbände etc.) vertreten, daher nicht darauf angewiesen sind, ihr Wissen zu „verkaufen“, wie etwa die PsychotherapeutInnen an der Basis, für die jede Teilnahme an einer „Expertenrunde“ Verdienstentgang bedeutet – und die außerdem ignoriert werden, weil sie mangels institutioneller Einbindung nicht ausreichend kontrollierbar erscheinen.

Nun ist jeder einzelne Aspekt wichtig und diskussionswürdig: Komplexe Phänomene – und um die handelt es sich bei sexueller Gewalt – brauchen die Sichtweisen unterschiedlichster Berufe (und es gibt kaum jemand, der/die wie ich alle relevanten Berufe erlernt hat und jahrelang und auch aktuell ausübt, denn die sozialen Sichtweisen ändern sich ja auch und können in ihrer Genese verdeutlicht werden). Will man also RepräsentantInnen der Sozialarbeit, Rechtswissenschaft, Psychiatrie / Psychologie/ Psychotherapie, Pädagogik, Soziologie, Medien- wie auch Kommunikationswissenschaft an einem Tisch versammeln, müssen wie in der Mediation zuerst „Spielregeln“ des Zuhörens und einander Respektierens vereinbart werden – denn erfahrungsgemäß werden diese Fähigkeiten zwar behauptet aber nicht gelebt.

Im heutigen Standard schreibt Nina Weißensteiner  in ihrem Kommentar zur Prävention (Seite 20), man müsse ein „gesamtgesellschaftliches Bewusstsein schaffen“ – dem stimme ich ja auch zu – „indem am besten schon den Kids in der Schule beigebracht wird, wann Gewalt beginnt und wo sie enden kann“ – und das ist leider ignorant: Das ist klassisches Moralisieren, und damit erreicht man nur Abwehr und Verleugnung. Es geht nicht ums „wann“, es geht ums „wie“ – und jemand etwas beibringen zu wollen, ist auch schon Gewalt. Es gibt effizientere Methoden (z. B. in der von mir erfundenen PROvokativpädagogik).

Ähnlich ist es mit den von Maria Rösslhumer, der Geschäftsführerin des Vereins Autonomer Österreichischer Frauenhäuser, (auf Seite 2 des heutigen Standard) geforderten Schulungen für Justizangehörige (die natürlich sie und ihre KollegInnen durchführen wollen – wie ja auch ich dies schon in den 1990er Jahren gefordert habe und tun wollte, missionarisches Engagement ist ja nichts Schlechtes! – allerdings mit meiner höchst erfolgreichen Kombinationsmethode ILI, die ich den KollegInnen im Justiz- und Innenbereich gerne vorgestellt hätte; jetzt werde ich heuer 75 Jahre alt und weiß nicht, wie lange ich noch leben werde … daher kommen nur mehr meine engsten Mitarbeiter in den  Genuß dieser Spezialmethodik).

Gleich ihr irrt auch Ex-Richterin Irmgard Griess, wenn sie ebenso glaubt, sexuelle Gewalttaten geschähen im Affekt. Ich habe in meiner nunmehr 50jährigen Berufspraxis mit vielen Tätern gearbeitet – und bin dafür auch von etlichen Frauen angegriffen worden, weil ich nicht ausschließlich „parteilich“ für misshandelte Frauen zur Verfügung gestanden bin. Ich weiß, dass jede Gewalttat eine Geschichte hat – und manche datiert in der Kindheit, manche wurzelt in medialen Vor-„Bildern“, und manche in überheblicher Selbstsicherheit einer männerbegünstigenden und frauenbeschuldigenden Gesellschaft – und in dieser sind es nicht allein Männer, die den moralisierenden Sexualmythen anhängen – es sind vor allem Frauen der Vorgenerationen, die ihren Töchtern und Enkelinnen Beistand versagen, egal, ob aus Angst oder Scham.

Ich begrüße die Strafverschärfungen. Nicht, weil ich an deren Abschreckungswirkung („Generalprävention“ funktioniert nur bei ängstlichen Menschen) glaube, sondern weil es eine klare Aussage der Gesellschaft ist, was wir – von denen bekanntlich das Recht ausgeht – wollen bzw. nicht wollen. Dass das möglicherweise Rechtsanwälten ihre Verteidigung erschwert und deshalb spontan Widerstand hervorruft, sehe ich als Chance für eine pädagogische Rechtsberatung. Die Methode dafür (z. B. meine „Mesoziation“®) müsste allerdings auch erst erlernt werden.