„TeenStar“ ist ein weltweit tätiger Verein, der in Schulen und wo immer sie dürfen, das aus ihrem Blickwinkel „richtige“ Sexualverhalten „lehrt“ – und das entspricht, wie jetzt publik wurde, dem fundamental-katholischen Lehrgebäude des 19. Jahrhunderts: Aus TeenStar-Sicht ist Sex vor der Ehe ebenso abzulehnen wie die Verwendung empfängnisverhütender Mittel, Masturbation schädlich und Homosexualität eine Krankheit, die in einer Kombination von Therapie, Seelsorge und (angeblich unterstützender, tatsächlich kontrollierender) Selbsthilfegruppen „geheilt“ werden kann.
Die an die Öffentlichkeit gelangten Unterlagen seien schon seit Monaten in Überarbeitung, verteidigten sich die TeenStar-Verantwortlichen gegen die Kritik an den wissenschaftlich unhaltbaren Inhalten ihrer „Sexualkunde“ (Salzburger Nachrichten, 22.11.2018, S. 10).
Als langjährige Vorsitzende der Österreichischen Gesellschaft für Sexualforschung, Univ. Prof. für Sexualtherapie und Gerichtssachverständige kann ich nur mehr heftigst gegen diese mentale Gewalt gegen Kinder protestieren – Kopfschütteln allein ist zu wenig: Denn wenn auch die individuellen Überzeugungen einzelner Personen oder Personengruppen im Sinne von deren Meinungsfreiheit zu respektieren sind, geht es nicht an, Unwahrheiten unwidersprochen zu lassen.
Wieviel Leid und psychosomatische Krankheiten dadurch hervorgerufen wurden, dass unerfahrene Paare nach der Eheschließung erkennen mussten, dass Kopfgedanken und – hoffentlich! – Herzensgefühle allein nicht helfen, mit dem eigenen und noch mehr mit einem noch fremden Körper kundig UND achtsam umzugehen! (Genau dazu sehr empfehlenswert der Film über das Leben des Sexualforschers „Kinsey – Die Wahrheit über Sex“ aus 2004! – hier der Film-Trailer >>>) Wieviel Ängste wurden Jugendlichen eingeredet, dass Masturbation zu Gehirnerweichung führe – und wieviel sadistische Praktiken mussten Knaben wie auch Mädchen über sich ergehen lassen, damit nur ja nicht die Hand zur Männlichkeit oder Weiblichkeit fände … ich habe in meinem Altersstudium der evangelischen Theologie dazu eine sexualethische Seminararbeit verfasst (normal soll so eine Arbeit in etwa 10 Seiten haben, ich habe bei 42 zu schreiben aufgehört – dabei wäre noch sehr viel Moderneres, Psychoanalytischeres dazu zu sagen gewesen …), und die stelle ich jetzt unter „Texte zum Thema Gewalt“ auf www.haltgewalt.at.
(Wer mir dazu schreiben möchte: bitte unter haltgewalt@perner.info!)
Ganz krass wird Sexualkunde à la TeenStar aber beim Thema Homosexualität: Offensichtlich haben die Kundigen vor allem Porno-Bilder im Kopf … und denken nicht daran, dass es sich bei dem Begriff homosexuelle Orientierung um die Wahl eines gleichgeschlechtlichen Liebesobjekts handelt – und nicht um Praktiken! (Denn die findet man auch bei hochehrbaren heterosexuellen Familienvätern, wie ich aus zahllosen Therapien weiß – vor allem aber auch bei Klerikern, man braucht sich nur an die Vorkommnisse im Priesterseminar St. Pölten erinnern, die vom damaligen Bischof Kurt Krenn abwiegelnd als „Bubendummheiten“ bezeichnet wurden (https://www.profil.at/home/kirchenskandal-goetterdaemmerung-die-sexaffaere-st-poelten-87243). Aber ist Dummheit nicht Unwissenheit?
Liebe kann nie krank sein – höchstens unvollkommen, weil unglücklich oder trügerisch … Alles andere ist keine Liebe, sondern etwas Anderes. Wenn zwischen Menschen Liebe empor steigt, erleben sie die Schechina – die Gegenwart Gottes in ihren Herzen. Bei manchen stoppt das Emporsteigen halt zwischen den Beinen … aber das heißt noch lange nicht, dass es nicht Höhe-Punkte darüber hinaus gibt … nur: Mit Drohungen und Angstmache wird weder das Herz weit (ganz im Gegenteil!) noch kann die Liebeskraft die Barriere des Sonnengeflechts – dort, wo sich der Ärger breit macht und wo der Magen rebelliert, wenn man in einen Machtkampf geraten ist – überwinden.