„Die oberösterreichische Hausärztin Lisa-Maria Kellermayer wurde zur Zielscheibe der Corona-Leugner.“ Heißt es als Untertitel zu „Ein Nachruf, der hier nicht stehen sollte“ im KURIER vom Samstag, 30. Juli 2022, Seite 10, und weiter: „Nun wurde sie tot in ihrer Praxis aufgefunden.“ Die 36jährige war monatelang – auch mit dem Tod – bedroht worden. Einen Security-Dienst hätte sie sich aus eigener Tasche bezahlt – und vier Mal seien Besuchern Butterfly-Messer abgenommen worden. Bereits im November 2021 hatte sie erstmals Anzeige erstattet, „aber keiner tat was“, heißt es weiter im Bericht, hingegen wurde getuschelt, die Ärztin sei „psychisch labil“.

Das ist genau dieses Wort-im-Mund-Umdrehen oder, wie ich immer wieder hinweise, „das Komma auf der Zeitlinie vor-zu-verschieben“, nämlich eine Folge zur Ursache zu erklären. Es ist doch logisch, dass jemand eine Zeit ruhig und souverän seinen bzw. ihren Beruf ausübt – und wenn er oder sie plötzlich massiv bedroht wird, die Ruhe verliert und in Panik gerät! Nur die Hartherzigen, seelisch Gepanzerten regen sich nicht auf – die sinnen nämlich meist gleich auf Rache – außer sie sind beruflich auf Nahkampf trainiert, wie eben die jeweilige Exekutivbeamtenschaft. Die wird in ihrer Ausbildung aber auch mit dem Strafgesetz vertraut gemacht – und da gibt es „gefährliche Drohung“ (§ 107 StGB) und den Stalking-Paragrafen („beharrliches Verfolgen“, § 107a StGB).

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Wenn das Johannes-Evangelium mit „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort“ beginnt und in weiterer Folge mit „Alles ist durch das Wort geworden / und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist.“ (Einheitsübersetzung) fortsetzt, so nehmen das viele Leser:innen wörtlich und vermeiden damit alles Nachdenken und Nachfühlen, was damit vermittelt werden sollte – so wie es Goethes Faust vormacht, wenn er nachsinnt, was mit dem ursprünglichen – griechischen – Wort „logos“ gemeint ist. Faust schwankt zwischen „Sinn“, „Kraft“ und wählt zuletzt „Tat“.

Logos umfasst das alles. Ich selbst würde logos als die „zielgerichtete Energie, mit der etwas sinn-lich Wahrgenommenem – daher auch Erspürtem oder voraus Erahntem – mittels einer Namensgebung Da-Sein verschafft wird“ übersetzen.

Was keinen Namen hat, wird zwar vielleicht erlebt, aber nicht bewusst, weil man es – noch – nicht kommunizieren kann, auch sich selbst nicht. (Es gibt ja auch den sogenannten „inneren Dialog“.)

Indem man etwas benennt, wird es aus der unidentifizierten Masse des Unbenannten herausgehoben – und umgekehrt (vgl. die Sprech-Tabus!). Von dem deutsch-britischen Soziologen Norbert Elias (1897–1990) stammt die Erkenntnis „Gib einer Gruppe einen schlechten Namen und sie wird ihm nachkommen“ („Etablierte und Außenseiter, Suhrkamp 1990, S. 24). Deswegen ist es besonders perfide, jemand durch abwertende Eigenschaftswörter Kompetenz abzusprechen – ich erinnere mich z. B. an „die ,wohlondulierte‘ Maggie Thatcher“.)

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Und schon wieder: [Toter bei Brand: Verdacht des Mordes – wien.ORF.at] – und es wird bereits vermutet, dass die greise pflegende Ehefrau der unerträglichen Situation ein Ende setzen wollte.

Genau deswegen haben mein älterer Sohn Roman, Psychosozialer Berater und Diplommediator, und ich das Buch „Pflegen – ohne auszubrennen“ geschrieben (aaptos Verlag, Juli 2022 – bestellbar bei uns) – haben wir doch beide Erfahrung als „pflegende Angehörige“ und wissen, wie es sich anfühlt, wenn man glaubt, nicht mehr zu können – oder zu wollen.

Wenn professionelle Pflegekräfte an ihre Grenzen geraten – wie ich es aus jahrelanger Beratung, Unterricht und Supervision in Krankenhäusern und Rehab-Zentren, aber auch von den großen caritativen Einrichtungen oder in meiner Privatpraxis kenne – können sie heim, in Urlaub oder auch in Krankenstand gehen. Angehörige können das nur, wenn ein Sozialversicherungsträger so ein Angebot finanziert und Ersatz vorhanden ist – aber den gibt es meist nicht, wie wir im Buch schildern. Als ich noch Mitglied im Wissenschaftsbeirat des Fonds Gesundes Österreich (FGÖ) war, wie auch in der Jury des NÖ Gesundheitspreises, gab es ja auch solche Initiativen, und die habe ich immer befürwortet.

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Als der „unselige“ Thomas Schmid sich – wohl ironisch? – mokierte, den Raum im Flugzeug mit „Pöbel“ teilen zu müssen [„Oh Gott. Reisen wie der Pöbel“: Die Causa Öbag in Chat-Zitaten – Unternehmen – derStandard.at › Wirtschaft], fand ich dies nicht nur überheblich und diskriminierend, sondern vor allem unklug: Wer glaubt, sich mit überspitztem Hobbykabarettismus die Lacher zu holen, muss damit rechnen, dass jede Formulierung als Waffe gegen eine/n selbst umgekehrt werden kann.

Das sollten sich auch die Spindoktoren hinter die Ohren schreiben, die Politiker (männliche!) mit „Sagern“ – „Bonmots“, zu Deutsch „gute Worte“, allerdings sind das ja keine – zur Applausheische versorgen.

Laut Wikipedia hat sich diese, ursprünglich nur das einfache Volk (abgeleitet vom französischen „peuple“, und das wieder vom lateinischen „populus“ – und damit war das gesamte Volk ohne Unterscheidung angesprochen; abgegrenzt war nur der Senat siehe das altrömische Hoheitszeichen S.P.Q.R.: „senatus populusque romanus“) umfassende Bezeichnung zum „umgangssprachlichen Schmähwort“ für „ungebildete, unkultivierte Menschen aus der gesellschaftlichen Unterschicht“ gewandelt.

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Dass Krankenpflegepersonen keine Auskünfte erteilen dürfen, die unter ärztliche Expertise fallen, zählt zu der „divide et impera“ (lateinisch „teile-und-herrsche“) Strategie beruflicher Konkurrenten. Aber jeder Profession ein eigenes Wirkungsfeld zu bieten, heißt noch lange nicht, dass deren besondere Qualifikationen als gleichwertig gewürdigt werden; es liegt dann an der jeweiligen Persönlichkeit, ob „kollegiale Führung“ (wie im Spitalswesen) funktioniert oder durch hierarchische Machtspiele gefährdet wird.

So erinnere ich mich an einen Konflikt in einer derartigen Institution, in der der Pflegedirektor eine Pflege-Visite ergänzend zur ärztlichen einführen wollte und beim Ärztlichen Direktor auf blanke Ablehnung stieß – es hätten nämlich die Ärzt:innen mitgehen sollen (eine klare Abwertung der „anderen“ Sichtweisen der Pflegewissenschaft). Ähnliche Diskrepanzen gibt es oft auch dort, wo Jurist:innen die Sichtweisen der heute ebenso im Magisterium ausgebildeten Sozialarbeiter:innen bloß als untergeordnete Ergänzung ansehen statt als primäre Sicht auf menschliches Leben und Erleben.

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Eigentlich wollte ich meinem letzten „Brief gegen Gewalt“ Nr. 53, übergetitelt „Vorurteile“, zu dem tragischen Tod des 22jährigen und der häufigen Unterstellung von „Verweigerung!“ bei körperlichen Problemen durch Sportbeauftragte – aber umgekehrt deren Verweigerung von Pause, Abbruch oder ärztlicher Hilfe, den – angeblich, weil eigentlich sehr zynischen – Ärzte-Witz beifügen, in dem der eine Arzt zum anderen sagt „Der Simulant von Zimmer 4 ist gestern gestorben“, und der andere antwortet, „Na, so übertreiben hätt‘ er aber nicht müssen …“. Ich habe es dann jedoch bleiben lassen, weil es erstens unfair gewesen wäre gegenüber all der pflichtbewussten Ärzteschaft und zweitens herzlos gegenüber all denen, die um den 22jährigen Berufsschüler trauern (und als solidarische Mutter trauere ich mit).

Es scheint so, als hätten viele das rechte Maß aus den Augen verloren und schwankten zwischen Zuviel oder Zuwenig hin und her – und eine Masse von hassjohlenden Kritiker:innen nützt die Gelegenheiten zum anpöbelnden Mitschwanken, und das besonders, wenn die Zielscheibe Politiker:innen sind. Dabei diskreditieren sich ja all diejenigen selbst, wenn sie über-treiben, nämlich ihre Sündenböcke (missglückter Witz) und Sündenziegen (Gucci-Tasche) in die Wüste (des Wahlverlusts) schicken wollen.

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Und wieder wurden körperliche Beschwerden einer der Obsorge anvertrauten Person ignoriert – und sie ist verstorben. Diesmal war es ein 22jähriger Berufsschüler bei einem Sporttraining in der Hitze, das letzte Mal war es ein Präsenzdiener auf einem Gewaltmarsch … aber der Ausbildungsverantwortliche hat die Beschwerden ignoriert, ja sogar mit Grobheiten („nicht deppert rumsitzen, sondern mitmachen“: Kurier, 13.07.2022, Seite 16: „Mysteriöser Tod eines Berufsschülers“) beantwortet.

Was soll dabei mysteriös sein, frage ich mich – außer dass hier ein schulisches Versagen mystifiziert werden soll: Keine Obduktion, ist in dem zitierten Artikel zu lesen – „mangels Zeugen“ (haben vermutlich die Verantwortlichen behauptet, dabei gab es an diesem 30. Juni (!) etliche Mitschüler:innen, die aktiv wurden), daher keine Ermittlungen der Polizei, und die Schuldirektorin „will zu dem tragischen Vorfall nichts sagen und verweist auf die Bildungsdirektion Wien“ – also möglichst weit weg und zwar nach oben hinauf in der Hierarchie, dorthin, wo die „Verwaltenden“ nur erfahren, was ihnen auf Nachfrage – mehrfach gefiltert – von ihren Untergeordneten geliefert wird.

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Es gibt mehrere Arten von Entschuldigungen: Dazu gehören vor allem die in Österreich üblichen Präventiv-Phrasen wie „‘Tschuldigung schon, aber …“, mit denen quasi mit magischer Beschwörungsformel der Vorwurf einer Beleidigung abgewehrt werden soll.

Dann gibt es die unnötigen Rechtfertigungen, die darauf hinweisen, dass jemandem Schuldgefühle gemacht wurden – überaus beliebt als das permanente Erziehungsmittel zu gehorsamer Unterwürfigkeit (verstärkt durch zusätzliche Vergleichs-Vorwürfe z. B. mit Hinweis auf Geschwister oder andere Kinder – später die Partnerpersonen der anscheinend Erfolgreicheren – die sich dazu eignen, Reste vorhandener Selbstachtung zu untergraben).

Und dann gibt es die notwendigen Schuldeingeständnisse, wenn man tatsächlich Schuld auf sich geladen hat. Meine Klient:innen weise ich immer darauf hin, dass diese „echte“ Schuld – nämlich Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit – zu Gericht oder ins Beichtzimmer gehört, denn da braucht es Übernahme von Verantwortung und, wenn es noch geht, Wiedergutmachung. Strafe bringt jedoch keine Besserung – nur Befriedigung von Rachebedürfnissen an Stelle der schmerzlichen Trauerarbeit aller Beschädigten (Täterpersonen mitgemeint).

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Am Keplerplatz in Favoriten haben acht, vermutlich arabische, Männer gegen 18.45 Uhr zwei junge Frauen eingekreist, begrapscht, und zwei davon verfolgten die Frauen als diese flüchteten, drängten sich in die Zufluchtswohnung und haben erst, als sie dort weggescheucht wurden, das Weite gesucht: Auf Flucht verfolgt – Junge Frauen von Männern umzingelt und belästigt | krone.at.

Was mich dabei interessiert hätte – und was ich von einer Reporterin (Christine Steinmetz) erwartet hätte – wäre die genaue Information gewesen, wie konkret die Männer aus der Wohnung vertrieben wurden: durch Schreie? Regenschirm? Besenstiel? Was haben Menschen denn so im Umfeld der Eingangstür? Oder durch einen Hund?

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