Herbert Lackner hat eine beeindruckende Trilogie verfasst: „Die Flucht der Dichter und Denker – Wie Europas Künstler und Wissenschaftler den Nazis entkamen“, „Als die Nacht sich senkte – Europas Dichter und Denker zwischen den Kriegen – am Vorabend von Faschismus und NS-Barbarei“ und „Rückkehr in die fremde Heimat – Die vertriebenen Dichter und Denker und die ernüchternde Nachkriegs-Wirklichkeit“, alle im Verlag Ueberreuter.

Jetzt habe ich nach dem mittleren Band endlich auch den ersten und dritten gelesen … und war erschüttert, wie Lackner das Desinteresse, um nicht zu sagen die Ressentiments dokumentiert, mit denen die Nachkriegs-Führungskräfte der SPÖ verhinderten, dass ihre geflüchteten Vorgänger, die eigentlichen Pioniere, wieder Funktionen in der Partei übernehmen „durften“.

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Es gibt Eigenschaften von denen jedermensch glaubt sie zu besitzen bzw. in die Tat umzusetzen. Respekt etwa: Wenn man jemanden, der einen überheblich abkanzelt, mit „Bitte behandeln Sie mich respektvoll“ zu mehr Selbstreflexion auffordert, folgt meist empörter Widerspruch „Aber das tue ich doch!“ und beweist damit, wie gerechtfertigt die ursprüngliche Höflichkeitsbitte war (wobei ich persönlich meine, Freundlichkeit würde genügen – denn Höflichkeit gehörte zur Unterwerfungs-Etikette von Königshöfen und die haben wir ja zumindest bei uns nicht mehr – wie sich an den Hasspostings gegen die aktuelle Regierung zeigt).

Ein anderes – fast schon „Modewort“ – lautet Empathie. Im aktuellen Profil 35/21 auf Seite 47 wird es sogar als „Gleitmittel“ für Entschuldigungsnotwendigkeiten bezeichnet – eine tiefergehende Begründung dafür fehlt hingegen; dafür gibt es aber bunt zusammengestellte Zitate, die jedoch nur aufzeigen sollen, was manche PsychotherapeutInnen als Zusammenhang zwischen „fehlender Fähigkeit zur Fehlereinsicht“ und „Narzissmus“ als „Charaktersache“ verallgemeinern (Narzissmus – ein häufiger Vorwurf an Partnerpersonen, von denen deren KritikerInnen weniger Zuwendung erhalten als sie erwarten bzw. fordern – und öfters reziprok auf deren eigene „narzisstische Persönlichkeitsstörung“ hinweist). Zu Unrecht, meine ich, denn in der konkreten psychotherapeutischen Arbeit zeigen sich hinter den als „Charakter“ diagnostizierten Verhaltensweisen oft schwerere Traumatisierungen als – wiederum diagnostiziertes – elterliches Versagen in prägenden Situationen.

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Da flattert mir soeben die online-Werbung für das morgige Profil 35/21 auf den Bildschirm und kündigt mit „Über die Kunst sich zu entschuldigen. Oder auch nicht.“ seine aktuelle Titelgeschichte mit Bildern von HC Strache, Kurt Waldheim, Johannes Paul II und Placido Domingo (die anderen kann ich auf Grund der Kleinheit des Fotos nicht erkennen) an.

Vermutlich soll mit der Berufung auf die Musen-Inspiration thematisiert werden, wie sensationell innovativ manche Entschuldigungen kreiert werden. Aber ist „corriger la nature“ schon genug schöpferische Leistung, um als Kunst zu gelten? Der deutsche Essayist Rupert Schützbach (* 1933) hat seiner Formulierung nicht Kunst, sondern Kultur vorangestellt  (Kultur: corriger la nature. (aphorismen.de)) … aber auf Verantwortung bezogen, wäre das Wort Unkultur wohl zutreffender.

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Da schrieb doch ein Anonymus an Spencer Cox (* 1975), den Gouverneur von Utah, er möge doch seinen „obszönen“ Familiennamen ändern, denn viele seien angewidert, klinge er doch wie „cock“, einem Vulgärausdruck für Penis.

Ja geht’s denn noch?

Das erinnert mich an den Spruch, der Bleistift wäre schuld an den Rechtschreibfehlern … und an den Witz, in dem der Psychiater einem Klienten Testblätter mit geometrischen Symbolen vorlegt – gerade Linie, Kreis, Raute … und nach Assoziationen (d. s. Gedankenverbindungen) fragt, und der Klient antwortet „Penis“, „Vagina“, „Vagina“ … und der Psychiater fragt, „Haben Sie beim Anblick immer nur sexuelle Fantasien?“ und der Klient antwortet empört „Was kann ich dafür, wenn Sie mir dauernd solche Schweinerein vorlegen!“

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Zuerst eine Selbstoffenbarung: Ich halte schon viel davon, zurückzublicken. Erstens um Irrtümer oder Fehler zu erkennen und in Zukunft zu vermeiden; zweitens um sich an schöne Augenblicke zu erinnern, die gute Gefühle machen (weil sie ja die damals erworbenen Gedächtnisspuren wieder aktivieren); und drittens, um nicht zu vergessen, woher man gekommen ist und wie und was man daraus gemacht hat.

Was ich aber so gar nicht für gut halte, ist in der Vergangenheit zu wühlen – vor allem in der anderer Menschen, wie es augenblicklich scheinbar Mode geworden ist, oder? Waren es in den 1990er Jahren die sogenannten Reinkarnationstherapien (die natürlich keine Psychotherapie darstellen sondern nur ein Deutungsmuster psychischer Inhalte), in denen manche unglückliche Menschen Erklärungen für ihr schwieriges Leben suchten, so boomt derzeit die sogenannte Ahnenforschung (nicht die wissenschaftliche im Sinne von Wirklichkeit 1. Ordnung – der Summe aller Tatsachen, die sich objektiv feststellen lassen, sondern die hobbymäßig-private der Wirklichkeit 2. Ordnung, in der subjektiv Bedeutung und Sinn zugeschrieben wird, wie ich das auch in meinem letzten Buch „Von Recht und Seele“, Paul WATZLAWICK folgend – „Wie wirklich ist die Wirklichkeit“, Piper  1976 – ausgeführt habe).

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In einer Zeit, in der aus political correctness viele traditionelle Bezeichnungen obsolet geworden sind, wäre vielleicht auch die Berufsbezeichnung „SchauspielerIn“ zu verbessern – z. B. auf Mime/Mimin oder neudeutsch Actor/Actress – zeigen doch die mehr als entbehrlichen Kommentare über das Äußere der heurigen Salzburger „Buhlschaft“ Verena Altenberger („Sexismus wegen Kurzhaarfrisur“, Der Standard, 31.07. / 01.08. 2021, S. 33; „Im echten Leben nur Zuspruch“, Der Standard, 02.08., S. 18), dass manche Männer nur zuschauen, aber nicht mitfühlen und mitdenken können … oder wollen. Erinnert ein bisschen an die Balkon Muppets – wer nicht (mehr) mitspielt, nörgelt von oben herab.

In den 1950er Jahren gierten zumindest die Amerikaner nach vollbusigen Frauen und sehnten sich damit unterschwellig nach ammengleichen Mutterfiguren, in deren paradiesisch weichem Fleisch sie gerne versinken wollten. Kein Wunder bei den in den USA damals mächtigen Frauenorganisationen, deren unerbittlich moralische Boykottaufrufe so manche Karriere zerstörten. Ich erinnere mich an einen Klienten dieser Generation, der sich einer immer schon erträumten vollbusigen Alternative wegen von seiner Ehefrau scheiden ließ, und als er darauf kam, dass diese Äußerlichkeit für seelische Harmonie doch etwas zu wenig sei, zu seiner ersten Frau zurückkehren wollte – aber die nahm die „Retoursendung“ nicht an.

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