Das Wort „diabolus“ als einer der Namen für den „Geist, der stets verneint“ (vgl.  Mephistopheles – Wikipedia), leitet sich vom griechischen „diaballein“ ab, was – nach emotionaler Steigerung gereiht – „auseinander bringen, trennen, entzweien“, auch „Verwirrung stiften“ bedeutet.

Nur getrennte Ansichten zu haben, heißt noch lange nicht, sich zu entzweien bzw. zu bekämpfen – vorausgesetzt man bleibt dabei sachlich, „vernünftig“, lässt also die Vernunft walten und verzichtet darauf, sich in Affekte hineinzusteigern. „Der Ton macht die Musik“ unkt der Volksmund – zu Recht, denn Stimme macht Stimmung. Psychologische Kriegsführung beginnt daher bei Stimmungsmache – und die kann man gut an der Art von Atmung (z. B. Pfauchen, Schreien – aber auch den „überheb“lichen Ton anschlagen) beobachten: Menschen mit entgegengesetzten Ansichten sollten eingeschüchtert, „klein“ gemacht oder gar vertrieben oder ver“nicht“et werden.

Dass sich beim großen Tabuthema – alles rund um den Tod – noch immer die Geister scheiden, hat sich 2020 am Verfasssungsgerichtshofurteil zur Straffreiheit (und die bedeutet nicht Erlaubnis!) beim assistierten Suizid gezeigt, aber ebenso bei der wieder aufgeflackerten Debatte um die in anderen Ländern laufenden Bemühungen der Straffreiheit von Abtreibung bzw. deren Zurücknahme. Aber während sich hier die jeweiligen persönlichen Positionierungen meist auf intellektuellen Austausch im kleinen Rahmen beschränkten, wuchs sich die latent vorhandene Todesbedrohung durch das Corona-Virus zu einer – wie ich meine: beobachtbar inszenierten – Spaltung der Gesellschaft aus.

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Wer erinnert sich noch an die Spötteleien, „Mein letzter Wille – eine Frau mit Brille“? Das war aber noch harmlos. Zu mir – damals 11jährigen – hat man „Glasscherben-Bongo“ gesagt, und ich habe jahrelang meine Brille in der Handtasche verborgen und nur im dunklen Kino aufgesetzt, und im Tageslicht bin ich herumgestolpert wie Marilyn Monroe in „Wie angelt man sich einen Millionär?“ (aber natürlich nicht so schön).

Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich meinen Ehemann kurz nach unserer Heirat 1968, als er – um mich wie üblich bevor er seinen Dienst im Pressedienst der Stadt Wien antrat an meinem Arbeitsort, der OeNB am Otto Wagner-Platz abzusetzen – von der Sinagasse kommend, wo wir damals wohnten, in der Nordbahnstraße links Richtung Am Tabor abbog, wo sich an der Ecke ein Gasthaus befand, warnte, „Achtung Einbahn!“ und er mich lachend aufklärte, dass ich das Coca-Cola-Schild neben dem Eingang missinterpretiert hatte … Meine Brille blieb dennoch in der Tiefe meiner Taschen.

Gottlob hat sich das geändert – hierorts Dank an Werbe-Ikone Nina Proll! – oder auch nicht? Liegt es daran, dass Brillen als Zeichen von Intellektualität (und vermuteten nächtlichen Lese-Orgien?) gewertet werden und diese Männern vorbehalten bleiben soll? So im Sinne von „Sei schön und halt den Mund?“ (Filmtitel aus 1958)?

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In seiner Abhandlung über den Witz hat Sigmund Freud den Unterschied zwischen „tendenziösen“ und „tendenzfreien“ Witzen verdeutlicht: Während erstere dritte Personen herabwürdigen bzw. dem Spott preisgeben, fehlt diese Absicht erkennbar in den „echten“ spaßigen Bemerkungen, die auf Wortwitz oder beispielsweise heiteren Vergleichen basieren. (Mehr dazu in meinem Buch „Heilkraft Humor“.)

Früher haben verbale – oder auch manifeste – Gewalttäter sich mit „War doch nur Spaß!“ herauszureden versucht, wenn man ihnen Grenzen gesetzt hat. Heute berufen sie sich auf „Satire!“ und zeigen damit nur ihren mangelnden Mut, zu ihrer niederen Gesinnung zu stehen (und manchmal auch nur Einfallslosigkeit, welche ich bei nachfolgenden Beispielen vermute).

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Traditionellerweise werden wir erzogen, in „richtig“ oder „falsch“ zu denken und so entsteht die Bildung von ideologischen Lagern, Feindbildern wie auch Hass und Krieg. In meiner Facebook-Echokammer formiert sich derzeit ein solch Lager mit dem Banner „evakuieren JETZT!“ (einer meine Söhne ist auch dabei) und meint damit die „anderen“ Lager – die in Griechenland. Als Ausdruck persönlicher Positionierung finde ich das wichtig – als „psychologische Kriegsführung“ aber nicht. Das habe ich bereits im September in meinem „Brief gegen Gewalt Nr. 68“ ausformuliert.

Es gibt nämlich auch andere – „dritte“ (und noch mehr) – Lösungen, weniger spontan-kindliche („Papa“ – Vater Staat – „soll“ …). Eine habe ich im Brief 68 aus meiner Familiengeschichte angeführt. Weiterlesen

Es war der 17. Dezember 1990, an dem Johanna Dohnal (1939–2010) als Frauenministerin angelobt wurde. Seitdem haben viele Frauen – und gelegentlich auch Männer (Herbert Haupt 2000–2003 in der schwarz-blauen Koalititon unter Wolfgang Schüssel und ab und zu vertretungsweise wenige Wochen Werner Faymann, Josef Ostermayer, Alois Stöger und einen Tag sogar Sebastian Kurz (https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_österreichischen_Frauenministerinnen) – versucht, in den von ihr so gar nicht freiwillig zurückgelassenen großen Schuhen Fuß zu fassen, denn, wie die erste Gleichbehandlungsanwältin Ingrid Nikolay-Leitner im Interview anlässlich ihres Pensionsantritts konstatierte: „Sobald man eine Pause einlegt, gibt’s schon den nächsten Rückschlag.“ (Der Standard, 14.05.2018) Nur: Gleichen Lohn für gleiche Arbeit gibt es immer noch nicht, obwohl Nikolay-Leitner auch an dieser Stelle darauf hinwies, dass der Oberste Gerichtshof eindeutig festgestellt habe, dass der Arbeitgeber dafür verantwortlich ist, gleiche Leistung gleich zu bezahlen. „Die Verantwortung kann nicht den Frauen zugeschoben werden“ – beispielsweise mit dem Argument, sie würden halt schlecht verhandeln. Früher lautete das Allzeit-Argument, Männer müssten ja Familien erhalten (und oft genug mehrere) – wie wenn das etwas mit Arbeitsleistung zu tun hätte.

Wenn Frauen das Gleiche verlangten wie Männer, berichtete die Gleichbehandlungsanwältin, würde das als Anmaßung empfunden. Weiterlesen

Der Verfassungsgerichtshof hat das Kopftuchverbot in Volksschulen als verfassungswidrig aufgehoben (Weltanschauliche Neutralität: VfGH hebt Kopftuchverbot auf – news.ORF.at), weil in eine beliebige Religion eingegriffen werde, und das widerspräche der weltanschaulichen Neutralität des Staates.

Religionsfreiheit umfasst nicht nur das Recht auf Ausübung der gewählten Religion (erweitert auf das Elternrecht zu religiöser Erziehung, was ich nicht unbedenklich finde, weil dadurch Kinderrechte massiv verletzt werden können, wie ich von Personen weiß, die sich z. B. von den Zeugen Jehovas trennen wollten), sondern auch das Recht ohne Negativfolgen zu bekennen. Wie man das macht, bleibt der Selbstbestimmung überlassen – aber wer ist der Träger der Selbstbestimmung? Der/die einzelne Gläubige – oder die Religionsgesellschaft? Die Gründerperson? Eine unveränderbar gesetzte Tradition? (Damit ist nur eine demonstrative Aufzählung gemeint, keine taxative!) Und: Wird das Recht auf Selbstbestimmung verletzt, wenn eine dominante Religion allen anderen Raum nimmt (z. B. an der Wand eines Klassenzimmers)?

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Nun haben sich also die derzeitigen Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs festgelegt: Das Verbot der Hilfe zum Selbstmord sei verfassungswidrig und werde per 31. Dezember 2021 aufgehoben (wörtlich zitiert nach Kurier, 12.12.2020, Seite 19).

Ich fände die Formulierung „Die Strafbarkeit der Beihilfe zum Selbstmord ist verfassungswidrig“ besser. Denn die Gegenteile zu Verbot sind Erlaubnis oder gar Gebot – und genau diese Sprachverwirrung kritisiere ich seit der Aufhebung der „Strafbarkeit“ der Abtreibung in den ersten 12 Schwangerschaftswochen durch die große Strafrechtsreform 1975, denn uns 6 Frauen vom „Komitee zur Abschaffung des § 144“ (im alten Strafgesetz) ging es nur darum. Alle anderen Behauptungen waren unfaire Gegenpropaganda.

Das Argument der Befürworter eines sogenannten Rechts auf selbstbestimmtes Sterben, mit dem sie ihre Kritiker emotional ansprechen, wurzelt zumeist im Hinweis auf das unerträgliche Leiden “austherapierter“ prämorbider Menschen. Das geht nahe: Man denkt unwillkürlich an das eigene Lebensende. Aber „prämorbid“ sind wir alle, egal wie alt wir sind. Gevatter Tod hält sich nicht an Alterslimits.

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1928 stand der avantgardistische Architekt Adolf Loos (1870–1933) vor Gericht: Der angeklagte Strafrechtstatbestand umfasst den Vorwurf, er habe zwei (und noch weitere) Mädchen im Alter von 8–10 Jahren sexuell missbraucht (entkleidet, „gebadet“, in pornographischen Posen fotografiert, an den Genitalien massiert und geleckt; s. Christopher Long, „Der Fall Loos“ (Amalthea 2015) bzw. Affäre: Neue Details zum Pädophilieprozess um Adolf Loos | profil.at).

Der nicht nur wegen seiner puristischen Bauten sondern auch wegen seiner dandyhaften Kleidung berühmt gewordene Bau- und Einrichtungs-Schöpfer argumentierte in der Folge, er hätte die Mädchen nur zum Modell-stehen bezahlt, zu den „unsittlichen“ Berührungen sei es „unabsichtlich“ gekommen, weil er die Mädchen zu „Tanzposen“ angeleitet habe. Vermittelt hatte ihm die Kinder ein pensionierter Postunterbeamter, der in der Akademie der bildenden Künste sein schmales Einkommen als Modell aufbesserte und von Loos gefragt worden war, ob er nicht Mädchen dieses Alters kenne – nicht die Modell-Börse der Akademie (S. 80). Die bei ihm gefundenen Porno-Bilder wollte Loos aus dem Nachlass eines verstorbenen Literaten als „Geschenk“ bekommen haben. Dass dies Peter Altenberg gewesen sein könnte, wie medial vermutet wurde, bestritt Loos vehement – obwohl der 1915 schrieb „Eine Frau ist immer zu alt, aber nie zu jung! Das Gesetz schreibt uns vor: von vierzehn an! Aber das Gesetz ist nicht von Künstlern entworfen. Unser Geschmack sagt: In jedem Alter, wenn du nur sehr schön bist!“ (S. 85).

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Als ich 1968 als volkswirtschaftl. Referentin in der Oesterreichischen Nationalbank zu arbeiten begann, gab es dort ein eigenes Frauen-Gehaltsschema, das deutlich unter dem der Männer lag.

Meine späterer Ehemann, damals Redakteur im ORF Wien mit einem täglichen Kommentar um 12.05 Uhr, widmete dem einen Text, nachdem er mich kennengelernt hatte: „In der OeNB bestimmt der Gynäkologe das Gehalt!“

In guter österreichischer Tradition wurde dann sofort wutentbrannt nach dem „Verräter“ gesucht – an mich, damals noch „graues Mäuschen“ aber bereits frauenpolitisch aktiv, dachte niemand. Nicht auszudenken, wenn aber doch …

Franz Vranitzky, damals der SPÖ-Fraktionsführende (und zeitweise mein Zimmergenosse – er hatte Nordamerika, ich hatte Südamerika zu bearbeiten), war es zu verdanken, dass wir Jahre später ins Männerschema „übergeführt“ wurden – aber nicht etwa „Frauen Stufe 7“ der Verweildauer entsprechend in „Männer Stufe 7“, sondern in „Frauen Stufe 7 entspricht finanziell Männer Stufe 2 – dort gehören‘s hin, de Weiba!“

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Da plante doch gestern ein Verwandter hoffnungsfroh, was er alles vorhabe, wenn der „Corona-Spuk“ vorbei sei – und ich sagte sofort, das Wort „Spuk“ sei unpassend und er solle meine Wahrnehmung nicht verwirren.

Unter Spuk versteht man laut Wikipedia eine „nicht wissenschaftlich erklärbare unheimliche Erscheinung“ (Spuk (Erscheinung) – Wikipedia). Das „Phänomen“ Corona hingegen ist naturwissenschaftlich erklärbar – es ist ein biologisches Faktum. Dass es manchen Menschen „unheimlich“ vorkommt, d. h. keine „heimeligen“ Gefühle auslöst, ist deren individuelle Reaktion – und die basiert beispielsweise auf der Suggestivwirkung der Wortkombination von Corona mit Spuk, und genau deswegen kritisiere ich diese.

Viele Menschen sind der Meinung, dass Gefühlsreaktionen spontan und naturgegeben ablaufen und man ihnen daher machtlos ausgeliefert sei. Das stimmt nicht – man ist es nur solange, bis man weiß, dass eine Emotion – eine körperlich spürbare Stimmungsveränderung – erst durch die jeweilige Namensgebung zu einem „Gefühl“ wird. Dann kann man nämlich zwischen Gefühlsbezeichnungen wählen. Ich vergleiche dies gerne mit dem Würzen einer Speise: Auch hier können wir die Dosis bestimmen oder auch Gewürze austauschen oder gar weglassen und damit unsere Geschmackswahrnehmung verändern.

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