Laut Wikipedia ist Chuzpe eine „Mischung aus zielgerichteter, intelligenter Unverschämtheit, charmanter Penetranz und unwiderstehlicher Dreistigkeit“ und stamme von dem hebräischen Wort mit den Bedeutungen „Frechheit, Anmaßung, Dreistigkeit, Unverschämtheit“. Meine Eltern – beide im 2. Wiener Gemeindebezirk, der sogenannten „Mazzes-Insel“, aufgewachsen, der so hieß weil hier vor dem Zweiten Weltkrieg der Großteil der jüdischen Bevölkerung lebte – außer man gehörte zu den Megareichen, dann residierte man in Ringstraßenpalais oder hochherrschaftlichen Villen in Hietzing und Döbling. Meine Mutter wohnte im „besseren“ Teil, in der Glockengasse, im Haushalt eines Baron von Ziffer-Teschenbruck, mein Vater hingegen im „minderen“ Teil am heutigen Max-Winter-Platz. Er war ihr Englisch-Nachhilfelehrer. Und er beherrschte bis zu seinem Lebensende 27 Sprachen – Deutsch war für den gebürtigen Tschechen die erste Fremdsprache, aber Hebräisch und Jiddisch waren auch dabei. (Während meines Theologiestudiums hätte ich ihn dringend gebraucht – die Prüfung in Bibelhebräisch habe ich erst beim zweiten Mal geschafft.)

Mit dem Begriff Chuzpe bin ich daher von klein auf vertraut. Chuzpe ist, wenn beispielsweise, Weiterlesen

Es wäre eine „Beziehungstat“ gewesen, sprach der Verteidiger des Mannes, der seine Lebensgefährtin mit sechs Messerstichen getötet hatte. (Salzburger Nachrichten, 14.12.2019, Seite 10.)

Vor vier Tagen war ich Teilnehmerin an einem „Runden Tisch“ (für die NÖ Bezirksblätter in gekürzter Fassung ab kommender Woche, und dann auch in originaler Langfassung online auf www.meinbezirk.at/3816210) mit der Niederösterreichischen Frauenlandesrätin Mag.a Christiane Teschl-Hofmeister und Brigadier Omar Haijawi-Pirchner, dem Leiter des NÖ Landeskriminalamts.

Dabei fiel auch der Begriff „Beziehungstat“ und ich sagte, Morde wären immer Beziehungstaten, denn zumindest im Augenblick jeder Tat bestünde ja eine Beziehung. Ich meine damit, dass sich die Aufmerksamkeit und Energie des Tatsubjekts auf das ausgewählte Objekt „bezieht“, auch wenn dies so spontan erfolgt wie etwa bei den zwei Morden bzw. vier Mordversuchen der sogenannten „Bestie von Sierning“ (der Name des 1993 Verstorbenen sei dem Vergessen anheim gestellt), der in den 1950er Jahren auf dem Fahrrad unbekannte Frauen überholte, mit einem Hammer niederschlug, vergewaltigte und tötete – „aus Hass auf alle Frauen“. Wie bei allen späteren Verbrechern wartete auch er auf eine (oder mehr) passende Gelegenheiten um seine Phantasiegebilde in die Tat umzusetzen.

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Und wieder liegt ein Baby im Koma, weil es geschüttelt wurde.

Als meine Söhne Babys waren und ich damals alles zu Kinderpflege und -erziehung verfügbare las, tauchte der Begriff „Schütteltrauma“ weder in Büchern noch in Zeitungsartikeln auf – im deutschsprachigen Raum. Dabei war das Erscheinungsbild bereits damals – in den frühen 1970er Jahren – von einem Neurochirurgen beschrieben worden. Aber erst etwa zwanzig Jahre später ist es durch die generell einsetzbare Computertomographie rasch nachweisbar geworden. Doch was hilft es durch unaufhörlich schreiende Babys überforderten Eltern, wenn sie weder über die Gefahren des Schüttelns informiert wurden – etwa persönlich beim ersten Kontakt mit Säuglingskrankenschwestern, in Elternschulen oder bei den Pflichtkontrollen bei Kinderärzt*innen – noch über die Methoden, wie man Kleinkinder (und Menschen überhaupt, sich selbst eingeschlossen) beruhigt.

Es liegt wohl daran, welche Erfahrungen man selbst als Kind wie als Beobachtende gemacht hat, wie man in solchen Stresssituationen handeln sollte. Ich beispielsweise habe meine Babysöhne fast permanent in den Armen bzw. im Tragetuch herumgetragen, auch wenn sie nicht weinten, und dabei viel Kritik von meiner gestrengen Mutter zu hören bekommen, ich würde die Buben zu sehr „verwöhnen“. Vermutlich lag dieses mein spontanes Verhalten darin begründet, dass ich immer (also lange vor meinen beruflich erforderlichen Eigentherapien) sehr bewusst große Sehnsucht danach hatte, in den Armen gehalten zu werden wenn ich unglücklich war – aber von nur ihr, nicht von irgendwem.

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Gut, dass Gewerkschaft und Ärztekammer auf die in einem „Forderungspapier der Wirtschaft“ angeregten Gesundheits-Überprüfungsrechte der Arbeitgeber (https://orf.at/stories/3147246/) sofort Bedenken geäußert haben. Denn wenn auch der dazu als Begründung angeführte Verdacht, es würde jemand „krank feiern“, gelegentlich zutreffen mag, so drängt sich doch die Erinnerung an die sogenannten „asozialen Frauen“ auf, die in der NS-Zeit vielfach im KZ gelandet sind, weil sie z. B. an einem heißen Sommertag lieber an die Alte Donau gegangen waren als „in die Arbeit“ (nachzulesen im Beitrag der Historikerin und Psychotherapeutin Gertrud Baumgartner in meinem Buch „Menschenjagd — Vom Recht auf Strafverfolgung“).

In der zitierten Meldung werden Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten und sonstige Berufsunfähigkeit angeführt. Nun gibt es aber auch  Gesundheitsbeschädigungen, die durch Umstände am Arbeitsplatz hervorgerufen werden, und da meine ich nicht nur das neuerdings international als Krankheit anerkannte Burn-out durch Überforderungen (oder Bore-out durch Unterforderung) oder gezieltes Mobbing um – zwar korrekt agierende aber subjektiv störende – Arbeitskräfte (egal welcher Hierarchiestufe) los zu werden. Ich meine die Gesundheitsschäden, die durch toxische Interaktionen wie vom Arbeitgeber initiierte „Vorladungen zum Psychiater“ hervorgerufen werden.

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